Vor 45 Jahren: Stadtschloß gesprengt

Eine heftige Detonation erschütterte am 30. Dezember 1950 um 15 Uhr den Bezirk Mitte. Mit dem Eosander-Portal und der Schloßkapelle fielen die letzten Mauern des im Krieg schwer beschädigten Stadtschlosses. Während im Westteil der Stadt das ausgebombte Schloß Charlottenburg wiederaufgebaut wurde, ließ die SED-Führung die Ruine des Stadtschlosses trotz Protesten aus aller Welt mit Hilfe von 13 Tonnen Sprengstoff in die Luft jagen.

Ein halbes Jahrhundert war das von Generationen von Hohenzollern-Herrschern errichtete Stadtschloß Berlins politisches und kulturelles Zentrum. Nur gut drei Monate dauerte es, den Palast, der zu den prächtigsten Barockbauten nördlich der Alpen zählte, dem Erdboden gleichzumachen. Weitere drei Monate brauchte es, 90.000 Kubikmeter Schutt abzuräumen. Dabei hätte auch das am 3. Februar 1945 bei einem amerikanischen Bombenangriff ausgebrannte Stadtschloß durchaus wiederaufgebaut werden können. Die Kosten waren damals auf rund 32 Millionen Mark geschätzt worden. Immerhin hatte an dem Schloß über Jahrhunderte alles, was in der Baukunst Rang und Namen hatte, seine Handschrift hinterlassen – von Schlüter über Eosander von Göthe, Erdmannsdorf, Langhans, Theyss, Böhme oder Schinkel.

Die Barockfassaden, die Säulenportale von Schlüter und Eosander, der Schlüterhof, die Schloßapotheke aus der Renaissance und der „Grüner Hut“ genannte Schloßturm standen nach dem Krieg zum größten Teil noch. Der Weiße Saal war sogar noch so gut erhalten, daß ab 1946 darin Ausstellungen stattfanden wie „Berlin plant“ und „Französische Malerei“ mit Leihgaben aus Paris.

Aus ideologischen Gründen wollte Ulbricht jedoch das Schloß als feudalistisches Bauwerk eliminieren. Außerdem brauchte er die Fläche als Aufmarschgelände und Paradeplatz. An das Schloß erinnert heute nur noch dessen ehemaliges Portal IV. Von dort hatte Karl Liebknecht am 9. November 1918 die „Freie sozialistische Republik“ ausgerufen. Deshalb blieb das Portal als Haupteingang in das DDR-Staatsratsgebäude eingebaut. W.-R. Neurath/adn