Die Queen wäre sicher sehr amused

Durchaus berauscht: Eine Projektausstellung des Fachbereichs Design der HdK Berlin zum Thema Tee  ■ Von Petra Welzel

Ganze Läden füllt Britas Wasserentkalker mittlerweile, und man ist geneigt zu denken, daß mit dieser patenten Erfindung das Teetrinken seine wichtigste und letzte Bereicherung bekommen habe. Unzählige Fibeln klären vollständig über Sorten, Verpackungen, Dosierung, Zubereitungsarten, Wirkungen und Ursprünge des Tees auf. Und spätestens seit das Gesöff in den 70er-Jahre-Teestuben auch die Alternativszene erobert hat, ist es das am meisten genossene Getränk auf der Erde.

Dem einen heilig, der anderen ein täglich sanfter Kick, ist Tee die magenfreundlichere Variante zum Kaffee. Gelegentlich gönnt man sich ein neues Teeservice und irgendwann vielleicht auch mal eine dieser automatischen Teemaschinen, die ihn ganz allein und dabei vollaromatisch zubereiten. Was also fehlt der Teekultur noch?

Das hat sich im Oktober diesen Jahres eine StudentInnengruppe des Fachbereichs Design der Hochschule der Künste Berlin auch gefragt. Sie packte deshalb ein paar Sachen, ging über ein „Workend“ in Klausur und schlug ihr Zelt für diesen Zweck an einem einsamen Ostseestrand auf. Es muß wohl die stürmische Meeresbrandung gewesen sein, die die Beteiligten in ein wahres Teerauschen versetzte.

Bei den HanfexpertInnen meint man ja zu wissen, welcher Stoff deren schier unbegrenzten Erfindungsreichtum auslöst. Doch was den TeemeisterInnen in nur drei Tagen zum Thema Tee und seiner Vermarktung einfiel, ist zum Teil so abgefahren, daß nicht nur obenerwähnte SamenverwerterInnen ins Staunen geraten. Nicht zuletzt die gleich eingangs dokumentierten Teecocktails aus diversen Sorten und Säften dürften sie bei der Stange halten.

Sollten ihre Entwicklungen aus dem Ostseelabor, die bisher nur in einer kleinen, eindrucksvollen Ausstellung zu sehen sind, Einzug in den Alltagsbedarf finden, dürfen wir uns in Zukunft auf kulinarische Sortimentserweiterungen in Teegeschäften freuen. Das Auge trinkt bekanntlich mit, und wo bisher Teebüchsen Wände tapezierten, werden diese von sofort konsumierbarem Dosentee im individuellen Design verdrängt werden. Etikette ist oft alles. Echte Teeplätzchen und Tee aus der Tube sind sicherlich noch gewöhnungsbedürftig, doch kredenzt mit edlen Teestäbchen (Chopsticks), wird niemand den Kostproben widerstehen können. Doch erst das schräge Ambiente für jede Jahreszeit wird den so eingeleiteten Rausch vollenden.

Federnde Margeritenhocker garantieren laut dem Wochenendtest einen „ekstatischen Teegenuß“ im Frühling, und im Winter heizen puffig seidene und rote Stoffbahnen ein. Man stelle sich einen dieser Teesalons im Windsor Castle vor, dem Lustschloß, das sich die Queen gerade wiederherrichten läßt, dann wäre selbst sie endlich mal wieder amused.

Der Produktpalette rund um den Tee sind keine Grenzen gesetzt. Ist das Papier aus den gedörrten Blättern zwar zu dunkel, um es zu beschreiben, so lassen sich aus ihm doch formschöne Handschalen (im wörtlichen Sinne) gestalten. Ob dann noch die aus der Ostsee mit einem 860-Gramm-Teebeutel gewonnene Brühe aus diesen Tassen gemundet hat, soll hier allerdings bezweifelt werden.

Dennoch: Die Nebenwirkungen können sich sehen lassen. Wieder einmal ist es der DesignTransfer gelungen, mit einer Projektausstellung die Aufmerksamkeit auf die Innovationen des Fachbereichs der HdK zu lenken. Nach dem Dinner for One an Silvester ist's Zeit für Tea for Two, am besten in rosa Plüsch, denn der nächste Herbst kommt bestimmt.

„Teerauschen", noch vom 2. bis 12.1., Mo.–Fr. 13–18 Uhr, in der DesignTransfer Galerie, Hochschule der Künste, Grolmanstraße 16, Charlottenburg