Atomtransport rollt auf Berlin zu

■ Atomkraftgegner befürchten Transport von radioaktiven Brennstäben durch Berlin. Umweltverwaltung weiß von nichts

Das neue Jahr beginnt strahlend. Im Februar werden 235 radioaktive Brennelemente aus dem stillgelegten Atomkraftwerk Greifswald über die Schienen in oder um Berlin rollen. Die genaue Route der heißen Fracht wird vom Bundesamt für Strahlenschutz in Braunschweig geheimgehalten, ein Transport über Berliner Gebiet aber nicht ausgeschlossen. Das „Berliner Anti-Atom-Plenum“ dagegen erwartet, daß die Güterwaggons mit den Kernbrennstäben am östlichen Stadtrand durch die Stadt transportiert werden.

Die Brennelemente sind in einem Castor-Behälter unterwegs zum Reaktor im ungarischen Paks. Für Sandy Santen vom „Berliner Anti-Atom-Plenum“ ist der Weg der Container klar: „Sie werden die Hauptstrecke von Greifswald nach Angermünde benutzen. Dann könnten sie über Frankfurt/ Oder nach Dresden fahren. Aber auf der Strecke gibt es ein paar Brücken, die das Gewicht eines Castor-Behälters nicht aushalten. Also werden sie wohl den Weg über Bernau, Karow, Marzahn, Köpenick und Grünau nach Königs Wusterhausen nehmen.“

Zur Streckenführung schweigt sich Martin Cosack vom Bundesamt für Strahlenschutz aus. Gefahr gehe von dem strahlenden Behälter nicht aus, da die Brennstäbe nur sehr kurz gearbeitet hätten und daher nur schwach radioaktiv seien. Außerdem seien sie im Castor-Container bombensicher. „Der Behälter könnte absolut unproblematisch durch Berlin rollen“, sagt er. Dann würden allerdings die Berliner Behörden informiert. Das aber ist bisher nicht geschehen, meint Dolf Straub von der Umweltverwaltung. „Wir sind nicht informiert und gehen deshalb davon aus, daß der Transport nicht über Berlin erfolgt.“ Auch Greenpeace konnte eine Route durch Berlin nicht bestätigen.

Die Atomkraftgegner haben da so ihre Zweifel. Immerhin führten alle Fernbahnstrecken von Greifswald nach Süden über Berlin, meint Santen. Wenn die Güterzüge also keine Umwege über den Westen oder durch Polen machen wollten, müßten sie durch Berlin rollen.

Die „Energiewerke Nord“ in Greifswald setzen mit dem Transport ihre Politik fort, die Altlasten aus dem stillgelegten Reaktor loszuschlagen. Sie haben das schwach radioaktive Material für eine Mark pro Brennstab plus Transportkosten nach Ungarn verkauft. Damit entledigt sich Deutschland der Entsorgung, denn nach dem Einsatz sollen die Brennstäbe in Rußland entsorgt werden. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage hervor: „Da es sich bei den Brennelementen um Kernbrennstoff handelt, der erst nach dem Einsatz in dem ungarischen Kernkraftwerk zu radioaktivem Abfall wird, besteht keine Veranlassung, diesen Abfall in die Bundesrepublik Deutschland zurückzunehmen; für dessen Entsorgung ist Ungarn zuständig.“ Bernhard Pötter

Vorbereitungstreffen des Anti- Atom-Forums am 9. 1. im Ökodorf, Kurfürstenstraße 14