■ Mit ABB in Osteuropa auf du und du
: Strahlende Abrüstung

Stockholm (taz) – Vor einem halben Jahr wollte der Chef des schwedisch-schweizerischen ABB-Konzerns, Percy Barnevik, noch Tschernobyl überflüssig und die gesamte Energieversorgung der Ukraine strahlenfrei machen. Doch das Geld, das die G 7-Staaten bezahlen wollen, reicht weder für Gaskraftwerke der ABB noch für eine Schutzhülle um dem Sarkophag Tschernobyl. Dehalb hat sich Barnevik eine neue Aufgabe vorgenommen. Ukrainische Atomkraft, so meint er jetzt, ist nicht gefährlich, sie muß nur mit ABB ein wenig sicherer gemacht werden.

Barnevik hofft dabei auf das Lob von Friedensbewegten, denn er will Schwerter zu Pflugscharen machen: Die Monolit- werke in Kharkow, einst mit 61.000 Beschäftigten ein Zentrum der sowjetischen Raketenindustrie, sollen statt Steuer- und Kontrollsystemen für SS 20-Raketen solche für Atomkraftwerke herstellen.

Mit 51 Prozent ist ABB über seine US-Tochter Combustion Engineering in ein Joint-venture mit dem ukrainischen Konzern eingestiegen, der bald ABB Monolit heißen wird. Praktisch alle Anlaufkosten, sechs Millionen Dollar, hat Barnevik aus dem Nunn-Lugar- Programm der US-Regierung zur Förderung der Rüstungskonversion in der Ex-Sowjetunion erhalten. Man beginnt bescheiden mit 150 Angestellten, doch schon in ein paar Jahren rechnet Barnevik mit einem Milliardenumsatz. Das Monolit-Engagement ist nur ein Teil der ABB-Investitionspolitik in Osteuropa. Barnevik: „Wir wollen uns in Forschungs- und Entwicklungsressourcen in diesen Ländern einkaufen. Der militär- industrielle Komplex muß aufgebrochen werden, man weiß ja nicht, wer auf mittlere Sicht dort wieder an die Macht gelangt.“ Reinhard Wolff