CSU-Raffkes verteilen keine Almosen

Kein Erbarmen: Bayerns Exministerpräsident Streibl und die Strauß-Erben wollen unbedingt die Millionengelder aus dem Nachlaß des Versandunternehmers Baur behalten  ■ Aus Nürnberg Bernd Siegler

Die CSU plagen 19 Millionen Mark Schulden, das Parteiorgan Bayernkurier steckt tief in den roten Zahlen. Warum sollen dann einzelne christlich-soziale Spitzenmänner und -frauen Almosen verteilen? Nein, haben sich Exministerpräsident Max Streibl und die drei Nachkommen des einstigen Parteiführers Franz Josef Strauß gedacht. Die Zeiten sind hart, da muß jeder sich selbst der Nächste sein.

Die Millionen, die Streibl und Strauß als Testamentsvollstrecker in der Friedrich-Baur-Stiftung im bequemen Sitzen abkassiert haben, kommen deshalb nicht wohltätigen Zwecken zugute, sondern bleiben tief in den Taschen des Exministerpräsidenten und der Strauß-Kinder Georg und Max Strauß sowie Monika Hohmeier stecken. Die bayerische Mehrheitspartei findet das auch gut so.

Die Testamentsaffäre hatte im Frühjahr 1994 für Schlagzeilen gesorgt. Es wurde bekannt, daß Strauß und Streibl als Testamentsvollstrecker jährlich bis zu 300.000 Mark kassiert haben – entgegen den ausdrücklichen Willen der Witwe des Burgkunstädter Versandhausunternehmers Baur. Kathi Baur hatte in einem Zusatztestament 1977 nämlich verfügt, daß die Einnahmen der jeweiligen Ministerpräsidenten aus dem Ehrenamt jährlich 60.000 Mark nicht übersteigen sollten. Schließlich sollte sich die Stiftung um die Erforschung der Kinderlähmung und die Unterstützung der an Polio Erkrankten kümmern und nicht die Bezüge von Staatschefs aufbessern.

Die CSU stand damals unter Druck. Streibl war angesichts seiner vielen Amigo-Affären zurückgetreten und Edmund Stoiber, sein Nachfolger, wollte sich als Saubermann profilieren. So lehnte er das überaus lukrative Ehrenamt ab. Streibl kündigte eiligfertig an, er werde das Geld einer Stiftung zukommen lassen. Nur Strauß-Tochter Monika, als Staatsekretärin im Kultusministerium für die Vermittlung von Werten und Moral zuständig, goß Öl ins Feuer. „Ich fühle mich nicht verpflichtet, einen Pfennig an wen auch immer zurückzuzahlen“, tönte sie und mußte einen Rüffel von Stoiber einstecken. An ihrer Haltung hat sich bis heute nichts geändert. Auch Streibl hat mit einer Stiftung bislang nichts im Sinne. Die CSU- Mehrheit im Landtag gab dieser Raffkementalität jetzt ihr Okay. „Hier ist nicht abgezockt worden, sondern eine Vergütung ausbezahlt worden“, betont der CSU- Abgeordnete und ehemalige Amigo-Ausschußvorsitzende Peter Welnhofer.

Da das Zusatztestament von Kathi Baur rechtlich nicht bindend sei, sei das Ganze auch keine Affäre, sondern „lediglich eine Angelegenheit“. Was Streibl und die Strauß-Erben mit ihrem Geld machen, sei allein deren „Privatentscheidung“.

Bis auf zwei Abweichler lehnte die CSU-Fraktion geschlossen die Aufforderung der SPD an Stoiber ab, Streibl und die Strauß-Erben zur Spende der Gelder für die Polio-Forschung zu bewegen. Auch der Bundesverband Poliomyelitis beißt diesbezüglich auf Granit. Sein am 1. Dezember abgefaßter brieflicher Appell an Streibl und Strauß-Tochter Hohlmeier, die Millionen doch beispielsweise dem Friedrich-Baur-Institut der Universitätskliniken München freiwillig zu überlassen und so einen Beitrag für eine „vergessene Minderheit in unserer Gesellschaft“ zu leisten, fand bislang keine Resonanz. Ein Exministerpräsident und eine Staatssekretärin haben eben andere Sorgen – die Zeiten sind schließlich hart.