Der Freund aller Kiiiiinder

■ "Flipper", eine Ikone des amerikanischen Tierfilms, schwänzelt wieder - ab heute werktags auf RTL 2

Es ist einigermaßen verblüffend, aber phänotypisch: Immer, wenn's ums Fernsehen geht, werden die Berichterstatter nachlässig – sogar jene, die es ansonsten ganz genau nehmen. Es bleibt also uns alten Sehbären überlassen, die Dinge mit unendlicher Langmut ins rechte Licht und damit halbwegs gerade zu rücken.

So hebt beispielsweise alleweil ein verächtliches Ächzen und Stöhnen an, sobald Hollywood einen neuen Lassie- oder Flipper- Film annonciert. Denen fällt eben nichts mehr ein, mupft es in solchen Fällen, denn sie müssen schon wieder auf eine alte Fernsehserie zurückgreifen. Was natürlich kompletter Humbug ist, denn Flipper und Lassie waren veritable Leinwandstars, die jedoch eine feste Anstellung beim Fernsehen dem unsicheren Dasein als Freelance- Heldinnen vorzogen und damit Seite an Seite standen mit illustren Filmkünstlern wie Doris Day, Lana Turner, Robert Taylor, Lee Marvin, Robert Montgomery und James Stewart.

1963 hechtete der flippige Delphin – der eigentlich weiblichen Geschlechts war und Suzy hieß – erstmals auf die Großleinwand. Luke Halpin alias Sandy Ricks rettete den harpunierten und darob arg siechen Tümmler vor dem Abdriften in die ewigen Fischgründe und gewann einen treuen Freund, der stets zur Stelle war, sobald Sandy in Seenot geriet oder andere Fährnisse zu gewärtigen hatte. Nur wenige Monate, nachdem „Flipper“ kassenträchtig zu Wasser gelassen wurde, begannen die Dreharbeiten zu „Flipper's New Adventure“.

Der Autor Art Arthur erzählte die gleiche Geschichte noch einmal, versah sie allerdings mit einer melodramatischen Rahmenhandlung. Hernach ging es stracks zum Fernsehen. Brian Kelly übernahm von Chuck Connors den Part des Porter Ricks, Luke Halpin blieb an Bord, bekam aber noch einen kleinen Bruder namens Bud (Tommy Norden) und ab der zweiten Staffel mit der Ozeanographin Ulla Norstrand (Ulla Stromstedt) auch noch eine attraktive Ersatzmutter, weil Porter ja Witwer war und selbstredend enthaltsam lebte, aber es beruflich durchaus schon mal mit dem weiblichen Geschlecht zu tun bekommen konnte.

Der „Flipper“-Produzent Ivan Tors, ein gebürtiger Ungar, hatte recht früh die Vorliebe der Amerikaner für niedliche und gelehrige Tiere erkannt. Die Zeichen waren freilich nicht schwer zu deuten: Walt Disney feierte mit Naturfilmen große Erfolge, Showgrößen und Politiker ließen sich publikumswirksam mit ihren Haustieren fotografieren, die Zubehörindustrie blühte, zeitweise gab es sogar einen Versandhandel für exotische Viecher, der allerdings binnen kurzem aufgeben mußte, weil die meisten Tiere nur noch als Kadaver bei ihren Empfängern ankamen.

Ivan Tors wandte dem anfangs bevorzugten Science-fiction- Genre den Rücken und widmete sich fortan zur Gänze der Gattung Tierfilm. Dieses Metier betrieb er in großem Stil. In Florida und in Kalifornien unterhielt er riesige Parks, wo er Tiere aufzog und für den Filmeinsatz dressierte. Sein Gelände nahe Los Angeles hieß „Africa, U.S.A.“ und war unter anderem Schauplatz der ebenfalls von Tors produzierten TV-Serie „Daktari“, die auf seinem Kinofilm „Clarence, the Cross-eyed Lion“ (1965) basierte. „Daktari“ und „Flipper“ erfreuten sich erwartungsgemäß großer Popularität; die Serien brachten es auf drei beziehungweise vier Jahre Laufzeit. Mittlerweile ist „Flipper“ gar zur Kultserie geworden. Im angelsächsischen Raum beispielsweise sind noch immer einzelne Episoden auf Video erhältlich.

Eine andere Kultfigur übrigens agierte hinter den Kulissen: Der Hawaiianer Ricou Browning – er fungierte als Flippers Trainer und führte Regie – war 1954 als „Creature from the Black Lagoon“ („Der Schrecken vom Amazonas“) im gleichnamigen Film als Amphibienmensch aufgetreten. Er arbeitete außerdem unter anderem als Second-unit-Regisseur für das James-Bond-Abenteuer „Thunderball“ und war erstbester Ansprechpartner, als 1973 ein Berater für den Agententhriller „Der Tag des Delphins“ gesucht wurde. Harald Keller