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■ Kommentare Legalisierung negativ für Prostituierte ohne EU-PaßFraglicher Fortschritt

Prostitution ist Arbeit, und das Gewerbe gehört legalisiert. Die in Holland geplante Aufhebung des Prostitutionsverbots, die dieser Erkenntnis Rechnung tragen wird, können wir nur begrüßen. Fraglich bleibt aber, ob alle, die in den Niederlanden als Prostituierte arbeiten, damit glücklich werden. Denn was auf den ersten Blick fortschrittlich erscheint, dürfte sich in der Praxis negativ auswirken auf die Position jener Frauen, die als Nicht-EU-Bürgerin in den Niederlanden leben und arbeiten.

In der vergangenen Legislaturperiode lancierte der damalige Justizminister Hirsch Ballin einen Gesetzentwurf, der Prostitution all jenen verbieten wollte, die im Rahmen des damals gültigen Gesetzes über die Beschäftigung von Ausländern eine Arbeitsgenehmigung benötigten. Die Strategie war klar: Indem er das Strafrecht für die Ausländerpolitik funktionalisierte, hoffte Hirsch Ballin auch das „Einwanderungsproblem“ zu lösen.

Eine beunruhigende Perspektive, zumal Städte und Gemeinden laut Gesetzentwurf den Auftrag erhielten, Prostitution weitgehend zu „dulden“, sich im Zuge dessen aber auf illegale Prostitution, auf die Opfer von Frauenhandel, zu konzentrieren. Nicht zuletzt durch die Lobbyarbeit der Utrechter „Stiftung gegen Frauenhandel“ mußte Hirsch Ballin seinen Antrag zurückziehen, im Parlament hätte er keine Mehrheit bekommen.

Anfang 1995 brachte Justizministerin Sorgdrager einen Entwurf ein, der das absolute Prostitutionsverbot zwar aufheben, in Zukunft aber jene Form der Prostitution verstärkt unter Strafe stellen wird, die unter Zwang – etwa durch Erpressung – oder von Minderjährigen verübt wird. Und die bisherige Regelung, nach der die Kommunen Prostitution dulden, wird abgelöst durch die Vergabe von Gewerbegenehmigungen. Aber auch diesmal scheinen Zweifel angebracht, ob das irgendeine positive Auswirkung haben wird auf die Situation in Holland lebender Frauen, die keinen EU-Paß haben. Denn das neue Gesetz über die Beschäftigung von Ausländern, das jüngst in Kraft getreten ist, verbietet es, Unternehmen eine Einstellungsgenehmigung zu erteilen für „Tätigkeiten, die ausschließlich oder auch nur teilweise die Verrichtung sexueller Handlungen mit Dritten zum Ziel haben“. Damit ist Nicht-EU-Bürgerinnen jedwede Möglichkeit verschlossen, legal in der Prostitution zu arbeiten – eine Situation, die deren Ausbeutungssituation festschreibt.

Nochmals: Die „Stiftung gegen Frauenhandel“ möchte, daß Prostitution als Arbeit anerkannt wird und somit in den Zuständigkeitsbereich des Arbeitsministeriums rückt; immerhin wird in Den Haag inzwischen erkannt, daß ein solches Arbeitsgesetz die Regierungspolitik bei der Bekämpfung und Vermeidung des Frauenhandels unterminiert. Festzuhalten bleibt aber, daß in Zeiten restriktiver Ausländerpolitik die Opfer von Frauenhandel ungleich härter betroffen sind. Gisela Mohanlal

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