Welch großartiges Grauen

■ Pendereckis Oper „Die Teufel von Loudun“ jetzt auf CD

Die Geschichte von Aldous Huxleys Roman Die Teufel von Loudun hat in seiner Verquickung von politischer Ränke, religiösem Wahn und sinnlicher Entfesselung höchste Brennstoffwerte für die theatralische Phantasie. Ein sündiger, aber politisch kluger Kirchenmann des Jahres 1634, der sich dem Wunsch Richelieus nach Schleifung der Stadtmauern widersetzt, wird von einer buckeligen Priorin in ihre sexuellen Phantasiegebilde eingesponnen und in erregter Ausweglosigkeit schließlich der Besessenheit bezichtigt. Dem Konglomerat aus politischen Absichten, kirchlicher Weltlichkeit und Aberglauben kann der Unschuldige trotz Fürsprache nicht mehr entgehen und wird schließlich verbrannt.

Ausgerechnet der Katholik Krzysztof Penederecki hat Huxleys großartiges Panorama des Schreckens Ende der sechziger Jahre für die Oper erarbeitet. Und vielleicht hat es gerade die Nähe zu den Glaubensvorstellungen einer Kirche, die Barmherzigkeit und Folter gleichermaßen im Repertoire hat, bewirkt, daß ihm eine musikalische Umsetzung gelang, die die ganze Dramatik und die zum Reißen bereite Spannung genial umsetzt.

Durch ein Wechselspiel überaus zurückhaltender Instrumentierung, die der hochdramatischen Stimmführung die Plastizität der Gefühle überläßt, und Übergängen, die die Latenz der Gewalt geräuschvoll und scharf akzentuieren, verarbeitet Penderecki die Erzählung erhaben und extrem textverständlich. Das gemäßigte Erneuerertum des polnischen Musikweltstars stellt sich hier ganz in den Dienst einer musikalischen Verbildlichung und bedient sich dabei durchaus Kunstgriffen der Filmmusik.

Die jetzt wieder vorliegende Aufzeichnung der damals umstrittenen Hamburger Uraufführung von 1969 (Philips Classics) (Dir.: Marek Janowski, Regie: Konrad Swinarski) ist deswegen auch nichts für schwache Stunden. Die Unmittelbarkeit der Umsetzung läßt die Oper zu einem großartigen theatralischen Grauen werden.

Till Briegleb