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: Gefährlicher Kaffee

„Gegendarstellung des Gesamtverbandes der Eheanbahnungen“ und „Tatort: Der Spezialist“, Mo., 20.15 Uhr, ARD

In unserem kleinen Stadtmagazinchen galten weiland, bevor es sich dem handelsüblichen Immer-vorlaut-selten-kompetent- Journalismus zuwandte, Gegendarstellungen gleichsam als Auszeichnung. Kollegen, die sich eine solche erschrieben hatten, durften die Glückwünsche der Redaktion entgegennehmen.

Ähnlich hat sich die „Tatort“- Redaktion ausgerechnet des Bayerischen Rundfunks glorios Meriten erworben. Vor dem Start des neuen Krimis mußte sich der Sender rückwirkend für Dominik Grafs „Tatort“-Beitrag „Frau Bu lacht“ vom „Gesamtverband der Eheanbahnungen und Partnervermittlungen e.V.“ abkanzeln lassen. Dessen Präsident heißt ausgerechnet Schnepf, und der war verschnupft, weil die Autoren der letzten „Tatort“- Folge sich erkühnten, einem fiktiven Verbandsmitglied kriminellen Kinderhandel zu unterstellen.

Nun darf man gespannt sein, wer sich vom „Spezialisten“ auf die Zehen getreten fühlte. Die Gewerkschaft der Polizei könnte monieren, daß ein aufrechter deutscher Beamter als hochgradig korrupt dargestellt wurde. Unbescholtene polnische Staatsbürger wurden als Gewalttäter verunglimpft, wackere Spediteure des Waffenschmuggels bezichtigt. In diesem Sinne ein lautstarkes Bravo dem federführenden WDR, der etwaigen Reaktionen beleidigter Leberwürste tapfer die Stirn bot.

Der Rest war einigermaßen solide Arbeit. Ein geachteter Kriminalist kurz vor der vorzeitigen Pensionierung lotst Kriegswaffen durch den Zoll und hofft auf eine Gewinnbeteiligung in Millionenhöhe, wird jedoch erpreßt und durch unglückliche Umstände zum zweifachen Mörder. Natürlich mußte der Zufall ein paarmal zu Hilfe kommen – stets stand unser Mann in Hörweite, wenn brisante Informationen ausgetauscht wurden. Aber Rolf Hoppe überspielte diese kleinen Drehbuchschwächen souverän und ließ sogar Mitleid aufkommen für die tragische Figur.

Welch ein Glück übrigens, daß dieser „Tatort“ von einer Brauerei und nicht, wie der konkurrierende „Schattenmann“, von einer Kaffeefirma gesponsert wird – die vielen Sprüche über die magenzersetzende Wirkung des beliebten Gebräus hätten ansonsten gewiß eine geharnischte Gegendarstellung zur Folge gehabt. Harald Keller