Rückkehr nach Bosnien umstritten

■ Ende März läuft das Aufenthaltsrecht für Flüchtlinge ab

Hannover (taz) – Auch in der SPD ist jetzt der Beschluß der Innenministerkonferenz, den 320.000 Bürgerkriegsflüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina generell zum 31. März das Aufenthaltsrecht für die Bundesrepublik zu entziehen, auf Kritik gestoßen. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Herta Däubler-Gmelin warnte gestern die mehrheitlich sozialdemokratischen Länderinnenminister davor, „sich auf einen bestimmten- Rückkehrzeitpunkt festzulegen, ohne die Verhältnisse im ehemaligen Jugoslawien detailliert zu kennen“. Nach Ansicht von Däubler- Gmelin kann die Rückführung der bosnischen Flüchtlinge zwar im April beginnen, müsse aber von der Zustimmung der Hilfsorganisationen und der Lage vor Ort abhängig gemacht werden. Die SPD- Politikerin lehnte eine Rückkehrprämie für die Flüchtlinge, die in ein intaktes Heim kommen müßten, ab. Eine solche Prämie in Höhe von vier bis sechs Monatssozialhilfesätzen hatte der rheinland- pfälzische CDU-Vorsitzende Johannes Gerster vorgeschlagen.

Als „verfrüht“ bezeichnte gestern der Bonner Sprecher von amnesty international die Diskussion um die Rückführung der bosnischen Bürgerkriegsflüchtlinge. Zunächt müsse es eindeutige Garantien dafür geben, daß den Flüchtlingen in dem Bürgerkriegsland keine Gefahren für Leib oder Leben mehr drohten. Ein solcher Zustand sei aber noch nicht einmal in Sicht, sagte amnesty-Sprecher Gunnar Köhne gestern und verwies auf jene Moslems, die in den letzten Tagen in Bosnien bei der Durchfahrt durch serbisches Gebiet einfach verschwanden.

Der niedersächische Flüchtlingsrat verlangte gestern, sich zunächst um die zwei Millionen Flüchtlinge zu kümmern, die noch innerhalb des ehemaligen Jugoslavien in Notunterkünften leben. Voraussetzung für die Rückkehr von Flüchtlingen aus der Bundesrepublik in die Heimat sei eine gesicherte Lebenspersektive. Eine Zwangsrückführung der bosnischen Flüchtlinge lehnte der Sprecher des Flüchtlingsrates ab. Die Niederlande hätten den meisten Flüchtlingen aus Bosnien inzwischen ein unbefristetes Aufenthaltsrecht gewährt. Auch die Bundesrepublik solle die Bosnier über eine Rückkehr in ihr Heimatland selbst entscheiden lassen. Jürgen Voges