piwik no script img

■ Linsen SouffléLeben außerhalb der Maschine

Damit hatte eigentlich niemand gerechnet: „Toy Story“, der erste „abendfüllende“ Spielfilm, der komplett im Computer erstand, hat schon nach drei Wochen die 100-Millionen-Dollar-Einspielgrenze überschritten. Bei Disney reiben sie sich die Hände und blicken jetzt gespannt nach Europa (bei uns startet „Toy Story“ zu Ostern). In der Alten Welt machen sie nämlich längst nicht jeden Blödsinn mit. „Ace Ventura“ und „Batman“ kommen hier nicht so gut, allerdings war „Waterworld“ in Europa, anders als in Amerika, ein großer Hit und rettete das Studio vor dem Ruin. Trotzdem, nach „Toy Story“ wird sich einiges ändern, Maschinen werden zu Filmemachern. An der Wall Street herrscht derzeit ein Run auf die Aktien des Computer-Animations-Studios Pixar, das „Toy Story“ hergestellt hat. Die Aktien stiegen kurzzeitig auf über 49 Dollar, schlossen dann bei 39 Dollar, 17 mehr als bei Handelsbeginn. Pixar gehört zu 80 Prozent Steven Jobs, dem Gründer von Apple Computers. Aber es gibt auch noch Leben außerhalb der Maschine. Scott Free z.B., die neugegründete Produktionsfirma der Regisseure Tony und Ridley Scott, hat den ersten großen Drehbucheinkauf getätigt. „Where The Money is“ heißt das Ding von E. Max Fry („Gefährliche Freundin“), das als komödiantischer Thriller bezeichnet wird. Im Mittelpunkt steht eine junge gelangweilte Krankenschwester, die einen alternden Bankräuber pflegt. Nach einiger Zeit des Bettpfannenunterschiebens überzeugt sie ihn, gemeinsam mit ihr eine Bank zu knacken. Hauptdarsteller stehen noch nicht fest, doch im Frühjahr soll mit den Dreharbeiten begonnen werden.

Die Arbeit aufgenommen hat auch die Trickfirma „Toon Company Berlin“. In dem neugegründeten Studio entstehen im Auftrag der Senator Film zur Zeit „Werner 2 – Der Metülisator“ und die Adaption von Walter Moers' „Kleinem Arschloch“. In enger Zusammenarbeit mit der Hamburger Mutterfirma „TFC Trickcompany Filmproduktion“ wollen die Berliner nach dem Bölkstoff-Trichter und dem kleinen Darmausgang pro Jahr einen abendfüllenden Trickfilm und zwei bis drei Fernsehserien produzieren. Apropos Fernsehen: Bernd Eichinger wird als Produzent unter der etwas lächerlichen Überschrift „German Classics“ für den Kommerzsender Sat. 1 deutsche Filme der 50er Jahre neu verfilmen. Da mag epd Film noch so stöhnen (Gibt es denn keine neuen Geschichten?“), mit „Das Mädchen Rosemarie“ (Original von 1958) führt Eichinger erstmals sogar selbst Regie. Jawohl, die Dreharbeiten haben letzten Monat begonnen, das Dekor stammt vom Schmalzzopf Karl Lagerfeld, und die Hauptrolle als Frankfurter Hure Rosemarie Nitribitt spielt Nina Hoss. Weiter gehen soll's mit „Die Halbstarken“ (1956) unter der Regie von Nico Hoffmann; „Es geschah am hellichten Tag“ (1958) soll Detlev Buck noch mal drehen, und für „Charleys Tante“ hat Eichinger den Theaterregisseur Luc Bondy im Auge. Doch das ist noch längst nicht alles. Eichinger ist wild entschlossen, noch mehr Abziehbilder herzustellen. Er interessiert sich für weitere Stoffe aus den 30er bis 60er Jahren, wie „Die Feuerzangenbowle“ und „Dr. Mabuse“, heißt es. Wo das alles enden wird, ist klar: Beim „Schulmädchen-, Hausfrauen-, Stewardessen- und Krankenschwestern-Report“. „German Classics“ eben! Karl Wegmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen