Die Verwaltung faßt sich kurz

■ Trotz Gebührenerhöhungen der Telekom erwartet die Verwaltung keine höheren Telefonrechnungen, denn die Beamten sprechen meistens intern. 1998 will die Verwaltung ein eigenes Datennetz haben

Jeder ärgert sich über die Gebührenerhöhung der „Teuerkom“, Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) ignoriert sie. In der Haushaltsplanung für das Jahr 1996 wird in nahezu allen Senatsverwaltungen unter dem Titel 513 „Fernsprechgebühren“ mit den gleichen Ausgaben wie im vergangenen Jahr kalkuliert.

Denn die Gebührenreform des Noch-Monopolisten Telekom war bei der Verabschiedung des Doppelhaushalts 1995/1996 noch nicht bekannt. Dennoch wurde der bisherige Haushalt nicht korrigiert. Pieroths Sprecher Thomas Gayda kann sich dafür bislang nur zwei Gründe vorstellen. Einmal daß sich die Berliner Verwaltung sehr kurz faßt – also unter drei Minuten, „so daß wir nicht betroffen wären“. Und andererseits telefonieren die Beamten auf einem eigenen internen Netz.

Mit 100.000 Anschlüssen ist dies das größte interne Netz der Bundesrepublik. Zwar wurden die Leitungen von der Telekom noch gemietet, die Gespräche jedoch werden nicht mehr einzeln abgerechnet. Diesen „Leitungstarif“ hat die Telekom erst vor einem halben Jahr gesenkt. Ganz normalen Tarif bezahlt die Verwaltung dagegen, sobald sie nach draußen telefoniert. Das aber passiert laut Gayda nur selten. „Seit Jahren bemühen wir uns, möglichst kurz und quer zu telefonieren.“

Dennoch will sich der Senat „von der Willkür der Telekom“, wie es der Leiter des Landesamtes für Informationstechnik (LIT), Uwe-Jens Andresen, formuliert, unabhängig machen. Konkret: Die Verwaltung will künftig über eigene Leitungen und Datenautobahnen telefonieren, kommunizieren, rechnen und speichern. 250 Kilometer Glasfaserkabel sind im letzten Jahr verlegt worden. „Die Vernetzung wird 1996 erste Spareffekte zeigen“, hofft Andresen. Bis 1999 soll die Umstrukturierung dann abgeschlossen sein.

Laut Andresen müssen für dieses Netz keine neuen Haushaltsmittel lockergemacht werden. „Im Gegenteil. Die Kosten sinken.“ Der Aufwand für die Wartung würde sich erheblich reduzieren. Durch das eigene Netz fielen die Leitungsgebühren für die Telekom weg. Darüber hinaus bestünde die Möglichkeit, durch Vermietung an Private Kapital aus dem Netz zu schlagen. „Für 1996 erwarten wir da Einnahmen von einer Million Mark.“

Doch das ist alles Zukunftsmusik. Bevor es tatsächlich zu Einsparungen kommen kann, steht auch den Berliner Verwaltungen die neue Gebührenordnung ins Haus. Und auch die Privatwirtschaft ist sich nicht einig, ob das landeseigene Netz dereinst billiger sein wird. Bislang ist zum Beispiel die Bankgesellschaft Berlin Kunde beim LIT. Andere Unternehmen wie Schering oder Siemens halten sich allerdings zurück. „Zur Telekom sehen wir in Deutschland bislang keine Alternative“, heißt es beim Chemiekonzern Schering. Die Bewag dagegen versorgt ihre 250 Außenstellen überwiegend mit einem eigenen Netz. Christoph Oellers