Nicht mal arbeitslos melden geht noch

■ Der US-Haushaltsstreit legt jetzt schon seit drei Wochen diverse Bundesbehörden lahm. Die Schließung zieht immer weitere Kreise. Sogar die Diplomaten leiden manchmal mit

Washington (wps/taz) – Als erster US-Bundesstaat hat Kansas jetzt die Zahlung von Arbeitslosenunterstützung eingestellt. Die Regierung von Vietnam droht, der US-Botschaft wegen unbezahlter Rechnungen den Strom abzuschalten. Die US-Vertretung in Moskau muß Geld von den Diplomaten borgen, um ihre russischen Mitarbeiter zu bezahlen. Die US-Umweltbehörde EPA hat 2.400 Arbeiter des Giftmüllentsorgungsprogramms „Superfund“ nach Hause geschickt und die Sanierungsarbeiten an 609 verschiedenen Altlastendeponien eingestellt, was zusätzlich Tausende Menschen in Vertragsfirmen ihre Arbeitsplätze kostet.

Das sind einige der drastischeren Auswirkungen der Schließung eines Großteils der US-Bundesbehörden, die heute drei Wochen andauert. Um die 2.000 Menschen melden sich jede Woche in Kansas arbeitslos – das können sie jetzt nicht mehr. Neben Kansas haben mindestens zehn andere Bundesstaaten die Bundesmittel zur Verwaltung der Arbeitsämter aufgebraucht, sagte US-Arbeitsminister Robert Reich. Nächste Kandidaten zur Schließung sind die Arbeitsämter in Alabama am 5. und Alaska am 6. Januar – in dem Polarstaat sind bereits die diversen staatlichen Programme zur Unterstützung der Eskimos zur Neige gegangen. In Washington haben sich bereits 40.000 der 280.000 zwangsbeurlaubten Bundesbediensteten arbeitslos gemeldet, um überhaupt an Geld zu kommen, und nun hoffen sie, daß ihre Schecks ausgestellt werden, bevor auch in der Bundeshauptstadt die Ämter schließen müssen. „Es ist ironisch, weil wir ja eigentlich dazu da sind, Leute zurück an die Arbeit zu bringen“, sagt Bobby Simpson von einem ebenfalls geschlossenen Vermittlungszentrum für arbeitslose Behinderte in Bill Clintons Heimatstadt Little Rock in Arkansas. Infolge weitverbreiteter Unklarheit über die Folgen der beispiellos lange andauernden Behördenschließung drucken Zeitungen Dementis: Gerüchte, wonach nach drei Wochen Zwangsurlaub automatisch der Anspruch auf Rückkehr an den Arbeitsplatz entfiele, seien völlig falsch.

Besonders kurios nehmen sich die Auswirkungen des andauernden Haushaltsstreits im Ausland aus. Repräsentative Ausgaben für Empfänge in diplomatischen Vertretungen der USA sind nicht mehr möglich. Für die Rationen der US-Soldaten, die in manchen Ländern Botschaftsgebäude bewachen, muß das Außenministerium jetzt beim Pentagon betteln gehen. Dienstreisen sind nur noch im Notfall zulässig; Außenminister Warren Christopher darf aber wie geplant in den Nahen Osten fahren, weil er mit der Luftwaffe fliegt.

Die Krise hat auch zur Folge, daß einzelne Bundesstaaten den ideologischen Staatsabbauvorstellungen der Republikaner folgen und sich von der Zentralregierung in Washington selbständig machen. Wisconsin und Michigan finanzieren jetzt ihre Wohlfahrtsprogramme aus eigenen Mitteln, anstatt auf nicht eintreffende Bundesmittel zu warten. So müssen sie keine Behörden schließen. D.J.