■ Nachgefragt: Unsinnige Diskussion
Die AfB ist sich sicher: Die Klausel zur Arbeitsplatzförderung im Grundstücksvertrag schrecken Unternehmer ab, und das soll Arbeitsplätze kosten. Wird diese Einschätzung von Angelina Sörgel, Referentin der Arbeiterkammer und Autorin mehrerer Finanz- und Wirtschaftsgutachten, geteilt?
taz: Frau Sörgel, die AfB will eine Neufassung des Mustergrundstückvertrages. Unternehmer sollen nicht mehr verpflichtet werden, Arbeitsplätze zu schaffen.
Angelina Sörgel: Das ist ein Vorschlag, der an den Problemen, die wir haben, radikal vorbeigeht. Mich wundert, daß gerade die AfB, die ja Arbeit für Bremen fordert, auf ein solches Instrument zur Arbeitsplatzschaffung verzichten will.
Die AfB kritsiert, daß durch die strengen Vertragsklauseln viele Unternehmer abgeschreckt werden, sich in Bremen anzusiedeln. Dadurch gingen Arbeitsplätze verloren.
Es ist für solche Instrumente immer ein Problem, wenn nur ein Land solche Regelungen hat.
Die Regelung ist bundesweit einzigartig.
Früher waren wir stolz darauf. Jetzt haben wir ein bißchen die Probleme damit. Ich kann einfach mir nicht vorstellen, daß sich Unternehmen von den Klauseln abschrecken lassen. Man müßte erst genau untersuchen, was der tatsächliche Grund ist. Der Vertrag ist meiner Meinung nämlich nicht so abschreckend. Nur wenn ein Unternehmen über zwei Jahre hinaus um mehr als 30 Prozent reduziert – ohne daß Bremen zustimmt – dann soll laut Vertrag zurückgezahlt werden. Das heißt, die Rückforderung greift erst, wenn Willkür seitens des Unternehmers zu befürchen ist. Ansonsten kann Bremen der Reduzierung zustimmen und es geschieht den Unternehmern nichts. Außerdem ist die Klausel mehr ein moralischer Appell als alles andere.
Ein moralischer Appell ist aber keine Garantie.
Das stimmt. Wie weit der Appell greift, kann ich auch nicht einschätzen, aber die Vertragsklauseln passen ganz gut in die Problemlandschaft Bremens. Wir haben einen rasanten Abbau von Arbeitsplätzen. Wir haben 20.000 Arbeitsplätze in den letzten drei Jahren verloren.
Sie wollen den Vertrag also nicht ändern.
Ich denke nur, wir müssen solche Fragen mit absoluter Gründlichkeit klären bevor wir ein solches Instrument - das ja zur Arbeitsplatzschaffung gedacht war – aus der Hand geben.
Fragen Kerstin Schneider
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