Wer legitimiert uns „Regenbogenkämpfer“?

■ Greenpeace-Pressesprecher Rüdiger Rosenthal: Keine Gegenregierung werden

Greenpeace-Chef Thilo Bode hat die Umweltorganisation einmal als Pressure-group für mehr Umweltschutz bezeichnet. Bei der Vereitelung der Versenkung der ausgedienten Ölplattform „Brent Spar“ wie auch beim Aufbau einer weltweiten Protestbewegung gegen die französischen Atomtests auf Moruroa hat sich deutlich gezeigt, daß dieser Anspruch auch praktisch funktionieren kann.

Die breite Unterstützung durch Öffentlichkeit und Bevölkerung hat dazu maßgeblich beigetragen. Die Einbindung „des Volkes“ oder des „gesunden“ ökologischen Menschenverstandes mit Hilfe der Massenmedien ist eine wichtige Absicht von Greenpeace-Aktionen. Damit bedient sich die Organisation des „Demokratiegedankens“, weil sie auf die Zustimmung der Bevölkerung setzt und das Wissen der Bevölkerung verbreitern will. Der größte Teil der Greenpeace-Arbeit besteht aber in der ausführlichen Recherche von Umweltproblemen, die Frage der staatsrechtlichen Legitimation ist dabei eher theoretisch.

Greenpeace ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein, gleichzeitig aber effektiv, schlagkräftig und professionell wie ein Konzern, sagen Kritiker. Der Politikprofessor Michael Greven fragte kürzlich in einem Radiointerview: „Braucht eine Firma demokratische Legitimität, um sich in der Öffentlichkeit zu äußern? Die Antwort ist: Nein. Sie besitzt diese Legitimation dadurch, daß in ihr gesellschaftliche Akteure, ob nun Wirtschaftsunternehmen oder einzelne Gesellschaftsmitglieder, zunächst einmal das Recht haben, mit ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln in der Öffentlichkeit auf ihre Wünsche oder auch ihre Kritikpunkte aufmerksam zu machen.“ Umweltanwalt Michael Günther geht noch weiter: „Es wäre direkt demokratiefeindlich, zu verlangen, daß solche Organisationen die gleiche Legitimation (wie zum Beispiel der Staat; Anm. d. A.) haben, denn sie würden zu Gegenregierungen werden.“

Ein kompliziertes Problem ist die Frage der Kooperation mit anderen Umweltverbänden. Theoretisch klingt eine solche Forderung plausibel, und Greenpeace arbeitet auch mit Partnern wie dem BBU und der Deutschen Gesellschaft für Solarenergie zusammen. Ganz praktisch sind dem jedoch Grenzen gesetzt. Die Konsensfindung bei der Formulierung gemeinsamer Presseerklärungen führt häufig genug zu verwässerten Ergebnissen, die von keiner Nachrichtenredaktion mehr zur Kenntnis genommen wurden.

Trotzdem: Wenn möglich, sollten alle Pressure-groups für mehr Umweltschutz in eine Richtung arbeiten, aber sie können und müssen auch an verschiedensten Strängen ziehen und an unterschiedlichen Punkten ansetzen. Die einen sind eben kommunal, andere regional oder national und wieder andere international am effektivsten. Wie dadurch Synergieeffekte erzielbar sind, lohnt eine weitere gemeinsame Diskussion. R.R.

Greenpeace-Bilanz 1995:

Erfolgreiche Kampagnen gegen die Versenkung der Brent Spar, Kampagne für die ökologische Steuerreform und das Baseler Giftmüllabkommen, gegen die französichen Atomtests, gegen Sommersmog und die Klimapolitik großer Stromkonzerne wie des RWE.

Spendeneinnahmen: mehr als 71 Millionen Mark

Förderer: mehr als 507.000 Mark