Raus aus der Falafel-Küche!

Der palästinensische Wahlkampf beginnt mit einer Frauendemonstration. Doch die meisten Chancen auf einen Parlamentssitz haben Männer  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

„Gleichberechtigung ist keine Parole, sondern eine politische Aufgabe, die erfüllt werden muß!“ Mit Transparenten mit solchen Aufschriften würdigten am Mittwoch einige hundert Frauen in Ramallah im Westjordanland den Auftakt des palästinensischen Wahlkampfes. Unter den Demonstrantinnen waren auch einige der 22 Kandidatinnen, die sich um einen der 88 Sitze im parlamentarischen Rat der PalästinenserInnen bewerben – die restlichen der insgesamt rund 700 KandidatInnen sind Männer. Die Demonstrantinnen in Ramallah gingen davon aus, daß etwa fünf Frauen den Einzug in den Rat schaffen werden.

Gewählt wird am 20. Januar. Offiziell treten die meisten KandidatInnen als „Unabhängige“ auf, tatsächlich ist die überwiegende Mehrheit aber auf die eine oder andere Art mit der Fatah liiert, der von Jassir Arafat geführten größten PLO-Fraktion.

In Ramallah wurde nicht für eine bestimmte Parteiliste oder spezifische Kandidaten demonstriert. Es ging darum, möglichst viele KandidatInnen für die gesetzliche Verankerung der Rechte der palästinensischen Frauen zu gewinnen. Zusammen mit den Frauen marschierten auch einige Männer. Sie waren einem Aufruf des Kandidaten der „Palästinensischen Demokratischen Union“ (Fida), Asmi Schueiba, gefolgt. Die Fida ist eine Abspaltung der „Demokatischen Front zur Befreiung Palästinas“ (DFLP) und wird vom palästinensischen Informationsminister Jassir Abed Rabo geführt.

Auf einer Kundgebung in Ost- Jerusalem trat am Mittwoch auch die ehemalige palästinensische Unterhändlerin bei den Verhandlungen mit den Israelis, Hanan Aschrawi, auf. Die Menschenrechtsaktivistin kandidiert als Unabhängige. Nach ihr sprach die Fida-Vertreterin Sahira Kamal. Sie forderte die gesetzlich verankerte Gleichberechtigung der Frauen sowie gleiche Chancen für Frauen in Berufsleben und Politik. Als Beispiel für das gegenwärtige System der Abhängigkeit wies sie darauf hin, daß Palästinenserinnen nur mit Bewilligung ihres Mannes einen Reisepaß bekommen.

Samiha Khalil, die einzige Gegenkandidatin zu Jassir Arafat für das Amt des „Ra'is“, des Oberhauptes der palästinensischen Selbstverwaltung, betont in ihrem Programm ebenfalls die Gleichberechtigung der Frau. Khalil erwartet jedoch selbst bestenfalls zehn Prozent der Stimmen.

In Gaza wurde unterdessen ein gemeinsames Flugblatt von DFLP und der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) verteilt, in dem der Beschluß der beiden Organisationen, die Wahlen zu boykottieren, erneuert wird. Beide linken Organisationen lehnen das Wahlsystem ab und fordern landesweite Wahlen auf Grundlage eines allgemeinen Proportionalwahlsystems.

Unterdessen haben die palästinensischen Behörden den palästinensischen Menschenrechtler Bassam Eid nach 24 Stunden Haft wieder freigelassen. Der Mitarbeiter von „Reporter ohne Grenzen“ war am Dienstag ohne Begründung verhaftet worden. Der palästinensische Journalist Maher al-Alami war im Dezember für einige Tage festgenommen worden. Er hatte sich geweigert, eine Lobeshymne auf Arafat auf der Titelseite seiner Zeitung zu veröffentlichen.

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