Rewe steigt ins Fernsehen ein

Die Handelskette übernimmt 40 Prozent von Pro 7, das seit 1.Januar eine Aktiengesellschaft ist. Der erste Großeinstieg von branchenfremdem Kapital beim deutschen Privatfernsehen  ■ Von Michael Rediske

Berlin (taz) – Kaum ist der Fernsehsender Pro 7 seit dem 1. Januar in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, da steht auch schon der Großaktionär fest: die Kölner Handelsgruppe Rewe, Deutschlands größter Lebensmitteleinzelhändler, übernimmt 40 Prozent der Anteile. Leo Kirchs Sohn Thomas, der bisher 48,5 Prozent des Senders besaß, reduziert seinen Anteil auf 24,5 Prozent, um die Kritik der Medienwächter zu beenden; die restlichen 35,5 Prozent sollen im Laufe dieses Jahres an der Börse an Pro-7-Fans und anderes „breites Publikum“ verkauft werden. Ursprünglich hatte der künftige Vorstandsvorsitzende Georg Kofler Gespräche über einen Einstieg der Versicherungskrake Allianz geführt. Daß jetzt statt dessen die Handelskette Rewe zum Zuge kam, mag nicht zuletzt daran liegen, daß der Sender ganz schnell aus allen Diskussionen um Markt- und Meinungsmacht herauskommen will. Seine Lizenz läuft nämlich aus, und gerade hat er eine neue beantragt: bei der bislang als besonders kritisch bekannten Medienanstalt Berlin-Brandenburg. Deren Chef Hans Hege hatte immer wieder gegen den vielfältigen Medienbesitz der Kirchfamilie opponiert. Leo Kirchs wichtigster Geschäftspartner wiederum ist der Metro-Eigentümer Otto Beisheim, der ihn schon einmal vor dem Konkurs rettete.

Daß nun ausgerechnet der Metro-Konkurrent Rewe bei Pro 7 Großaktionär wird, könnte manche Bedenken der Medienwächter ausräumen. Zwar darf auch weiter vermutet werden, daß sich der Gleichklang zwischen Leo und Thomas Kirch nicht nur die Chromosomen betrifft, wie Pro-7-Chef Kofler immer wieder behauptete. Doch dürfte Rewe beim Fernsehgeschäft vor allem an einer guten Rendite interessiert sein. Die Umsatzrendite des Senders liegt derzeit bei neun Prozent. Daß Leo Kirch mit den Lizenzen seiner Filme dabei auch verdient, ist daneben zweitrangig.

Schon in den letzten Jahren war die Handelskette (Gesamtumsatz 1995: 46 Milliarden Mark, plus drei Prozent gegenüber dem Vorjahr) in neue Branchen vorgestoßen: von der Unterhaltungselektronik (ProMarkt) bis zu Reisebüros (Atlas). Gerade deswegen hätte Rewe eigentlich besonderes Interesse an der gerade gestarteten Teleshoppingtochter von Pro 7 namens H.O.T. haben müssen. Ausgerechnet die aber wurde just einen Monat vor der Rewe-Entscheidung aus der Pro-7-Gruppe ausgegliedert. Der Grund: Die zu erwartenden Anlaufverluste und die noch laufenden Auseinandersetzungen um die Lizenz des Homeshoppingkanals hätten sich negativ auf den Börsengang des Senders auswirken können.