SPD lauscht mit, wenn ...

■ SPD bietet Koalition Kompromiß im Großen Lauschangriff an

Bonn (taz) – Die SPD will weiterhin keinen Großen Lauschangriff, außer CDU und FDP akzeptieren, daß Geldwäschegelder beschlagnahmt werden dürfen, bevor ein Verdächtiger verurteilt ist. Nicht nur durchs Belauschen, sondern durch den Zugriff auf das schmutzige Geld sollen die organisierten Kriminellen eingeschüchtert werden. In diesem Sinne soll der Artikel 14 des Grundgesetzes geändert werden, der letztendlich auch Gaunern ihr Recht auf Eigentum garantiert. Nur dann wäre die SPD auch bereit, Artikel 13 mitzuändern, der die Unverletzlichkeit der Wohnung garantiert und das Wanzenpflanzen bislang nicht gestattet hat. Dieses Junktim hat gestern SPD-Fraktionsgeschäftsführer Peter Struck zum Auftakt der Bonner Verhandlungen über die erforderliche Grundgesetzänderung zum Großen Lauschangriff gestellt. Denn dazu ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. „Ohne erleichterten Zugriff auf kriminell erworbenes Vermögen wird die SPD dem Großen Lauschangriff nicht zustimmen“, formulierte Struck in der Neuen Westfälischen Zeitung. Dies müsse schon bei Geldern möglich sein, bei denen nur der Verdacht besteht, daß sie zum Beispiel aus Drogen oder Waffengeschäften stammen. „Diese Drogenschweine kann man nur bei ihrer empfindlichsten Stelle treffen, beim Geld“, polterte Struck. Er erneuerte damit die SPD-Parteitagsforderung von 1993, die elektronische Überwachungsmittel nur im Zuge einer „Gesamtstrategie“ gegen das organisierte Verbrechen für „sinnvoll“ hält, die „bei der Verhinderung der Geldwäsche ansetzen muß. Laut Struck zögere die CDU/CSU, dem zuzustimmen, sei aber in Teilen dazu bereit. Aus der CDU-Fraktionpressestelle verlautete gegenüber der taz, dort sei es derzeit wichtiger, „mit der FDP einvernehmliche Lösungen zu finden, bevor man seine Vorstellungen kompatibel mit der SPD macht“. Die FDP forderte Struck direkt heraus: Wenn die Liberalen bereit wären, die Unverletzlichkeit der Wohnung einzuschränken, sollten sie erst recht zustimmen, wenn es darum geht, unrechtmäßig erworbenes Geld zu beschlagnahmen: „Wenn die Führung dazu zu feige ist, kann sie ja wieder ihre Mitglieder befragen.“ Die FDP verwies auf ältere Erklärungen. Der künftige Justizminister Schmidt-Jortzig habe die SPD- Idee schon im August abgelehnt: „Konfiskation auf Verdacht“ wäre „ein Schlag gegen die bürgerliche Eigentumsfreiheit“ und eine ensprechende Grundgesetzänderung nicht drin. Die SPD versuche nur, den großen Lauschangriff auszuhebeln. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Hildebrand Braun forderte, auch die zirka 4.000 täglichen Aufzeichnungen des BND von Anrufen ins Ausland zu kontrollieren. Holger Kulick