16 verschleppte Muslime sind wieder frei

■ Die freigelassenen Zivilisten werfen den Nato-Truppen in Sarajevo Versagen vor. Sie berichten von Schlägen und schlechter Behandlung durch bosnische Serben

Sarajevo/Bonn (AP/AFP/dpa/taz) – Die Internationale Truppe für Bosnien (Ifor) hat ihre erste ernsthafte Bewährungsprobe bei der Umsetzung des Abkommens von Dayton glimpflich überstanden. Auf internationalen Druck hin ließen die bosnischen Serben gestern alle 16 muslimischen Zivilisten frei, die sie in den vergangenen Tagen bei der Fahrt durch einen serbisch kontrollierten Stadtteil Sarajevos gefangengenommen hatten. Die Freigelassenen wurden von der Ifor in die von der bosnischen Regierung kontrollierten Stadtteile gefahren.

Nach Angaben des Nato-Sprechers war der französische Ifor-Kommandeur Thierry Canbournac gestern morgen mit führenden Vertretern der bosnischen Serben zusammengetroffen und hatte die sofortige Freilassung aller Festgehaltenen gefordert. Die USA hatten nach Angaben ihres Außenamtssprechers Nicholas Burns an den serbischen Präsidenten Milošević appelliert, die Menschen freizulassen. Auch Bundesaußenminister Klaus Kinkel hatte die sofortige Freilassung verlangt und von „einer flagranten Verletzung des Friedensabkommens“ gesprochen. Die Europäische Union hatte angedeutet, sie könne ihre Aufbauhilfe für die Gebiete der bosnischen Serben einfrieren, falls die Verschleppten nicht freikämen.

Die 16 Muslime und Kroaten waren zwischen Weihnachten und Neujahr bei der Fahrt durch den serbisch kontrollierten Vorort Ilidža verschleppt worden. Gestern morgen waren zunächst drei von ihnen, am Nachmittag dann die restlichen 13 freigelassen worden. Einer der Verschleppten meinte nach seiner Freilassung: „Ich werde mich nie mehr auf diese Straße trauen, besonders, wenn die Ifor- Eskorte weiterhin keine Sicherheit bietet.“ Er habe alle seine Ausweise und einen Laster mit Kleidungsstücken im Wert von 100.000 Mark verloren, so der 44jährige Adil Spahić.

Einige der Freigelassenen warfen der Ifor Untätigkeit vor. Sie seien in einem Ifor-Konvoi durch serbisches Gebiet gefahren und hätten nach einer Kontrolle durch die bosnischen Serben den Anschluß verloren. Der Konvoi sei aber einfach weitergefahren. Bei einer zweiten Kontrolle seien sie dann entführt worden. Auch dort sei ein Ifor-Konvoi an ihnen vorbeigefahren. Einige berichteten von Schlägen und schlechter Behandlung durch die bosnischen Serben. gb

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