■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Wer Wedel gestoppt hat

Am vergangenen Sonntag war Krisensitzung in einer privaten Ferienwohnung auf Sylt, bis zwei Uhr brannten die Lichter. Thema des Gesprächs unter sechs Augen: die Hinweise des Fernsehjournalisten Dr. Wedel, in der Bremer Bürgerschaft sitze ein Mann, der in Drogenhandel verstrickt sei, mehrer Kneipen besitze und auch in einem Kirchenvorstand aktiv sei. Zwei Limousinen mit Bremer Kennzeichen standen vor der Tür.

Bremer Journalisten hatten im ersten Anlauf die Vorstände von evangelischer und katholischer Kirche durchbuchstabiert und keinen Abgeordneten gefunden, auf den die Beschreibung passen könnte. Einzig Henning Scherf käme infrage, fand der Weser-Kurier heraus, aber der besitzt bekanntlich ein gespaltenes Verhältnis zum Alkohol und auch keine Kneipe. Schließlich sitzt er im Senat und kann deshalb nicht Mitglied der Bürgerschaft sein. Wedel hatte ausdrücklich von „Landtag“ gesprochen.

Mehr Stoff will der Fernsehmann nicht geben: „Er wird auf keinen Fall seine Informanten gefährden, Namen preisgeben oder zusätzliche Informationen liefern“, erklärte die Corona-Film-GmbH in seinem Namen.

Aber was ist, wenn die Staatsanwaltschaft ihn in die Zange nimmt und mit Beugehaft bedroht? Das war die Sorge, die die kleine Runde zusammentrieb. Denn im provinziellen Bremen war bisher niemand auf das naheliegende Stichwort gekommen, das etwa in der Elbmetropole sofort durchgecheckt worden wäre: Scientology! Drogenhandel, Kneipenmilieu, politische Einflußnahme under cover – eigentlich nichts naheliegender als das, Scientology. Vergeblich hatten die kichlichen Sektenbeauftragten in Bremen nach den Agenten des Bösen gesucht, aber das nur, weil sie viel zu weit unten mit ihrem Verdacht ansetzten. Der Diabolus arbeitet aber vom Kopf her. Wer das Image hat, kein Wässerchen trüben zu können und mit allen gut Freund zu sein, der ist der bestplazierte Agent der Teufelssekte. Was tun, wenn in Bremen jemand den Hinweis des Fernsehmannes verstehen würde?

Wichtig war der kleinen Runde erst einmal, das Maul des Dr. Wedel zu stopfen. Niemand durfte erfahren, wer auf Sylt seinen Winterurlaub verbracht hatte. Über Kontaktleute in der Corona-Film-GmbH wurde dafür gesorgt, daß Wedel nichts mehr sagt, nur noch die Company spricht für den Journalisten – und sagt nichts. Aber dann kam etwas dazwischen: Am 2. Januar trieb eine Leiche an den Strand von Sylt... Rosi Roland