Wohin mit dem Elektroschrott

■ Löwenanteil ausgedienter Elektrogeräte wird in Bremen nicht fachgerecht entsorgt – Pinneberg als Vorreiter mit bürgernahem Entsorgungssystem

Der elektrische Mixer ist im Eimer, die Waschmaschine hat ihren Geist aufgegeben, und das Bild im Fernsehen flimmert unaufhörlich - doch wohin mit dem Elektroschrott? In Bremen wurden 1994 etwa 2.500 Tonnen ausgedienter Kühlschränke (19.000 Stück), Küchenherde, Waschmaschinen, Computer und andere Elektrogeräte gesammelt und fachgercht entsorgt. Die Zahlen für das Jahr 1995 können derzeit nur geschätzt werden. Das geht aus einer jetzt veröffentlichten Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor.

„Doch das ist nur der kleinste Teil“, schätzt Klaus Priezel, Projektleiter des Recyclinghofes in Findorf. „Der größte Teil aller Elektrogeräte wandert noch immer in die private Mülltonne, wird verbrannt oder landet auf der Deponie.“ Diese Einschätzung deckt sich mit den Zahlen des Zentralverbandes der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI). Allein von der sogenannten weißen Ware, daß sind Küchenherde, Geschirrspüler, Waschmaschinen usw. geben laut Hochrechnung der ZVEI jährlich bundesweit zwölf Millionen Geräte ihren Geist auf. In der Stadt Bremen wären das mit einem Umrechnungsschlüssel von eins zu 100 etwa 100.000 bis 120.000 Geräte. In Bremen sind laut Senat 1994 allerdings nur 17.000 eingesammelt und fachgerecht entsorgt worden.

Dabei sind Waschmaschinen, Elektroherde und auch Kleingeräte wie Stereoanlagen hochgiftiger Müll, der u.a. Polychlorierte Biphenyle (PCB) enthält, ein Giftstoff, der krebserregend ist. Wahre Schätze hingegen finden die Entsorger in Computern, Videorecordern und Stereoanlagen. In den Leiterplatinen sind Gold, Silber und Platin verarbeitet. Wertvolle Wertstoffe also, die bei fachgerechter Entsorgung wieder verwendet werden könnten. Die für den Herbst geplante Elektroschrott-Verordnung verheißt keine Abhilfe. Die Verordnung soll Händler verpflichten, die Geräte zurückzunehmen – allerdings nur die neuen Geräte, bei denen die Entsorgung im Preis enthalten ist.

Der meiste Elektroschrott fällt allerdings in Industrie und Gewerbe an. Zahlen gibt es nicht. Die Betriebe nicht verpflichtet, ihren Elektroschrott fachgerecht zu entsorgen. Ihre Computeranlagen werden sie gegen Gebühr auf der Blockland-Deponie los. „Wir versuchen zwar die Kunden in solchen Fällen zu bewegen, ihre Elektrogeräte zu entsorgen. Aber wenn sie nicht wollen, vergammelt der Elektroschrott auf der Deponie“, sagt Rolf Meyer, Bereichsleiter Abfallwirtschaft und Entsorgung bei den Bremer Entsorgungsbetrieben (BEB). Vor Jahren habe man versucht, die Deponie für den Elektroschrott aus Industrie und Gewerbe zu schließen. Aus „ökonomischen und gesetzlichen Gründen“ – so Meyer – habe man davon Abstand genommen.

Daß jedoch auch viele Haushaltsgeräte in Bremen im Hausmüll landen und somit zum größten Teil nicht fachgerecht entsorgt werden, „liegt daran, daß es in Bremen zu wenig dezentrale Sammelstellen gibt“, glaubt Priezel. Während die BEB kapute Kühlschränke abholt, müssen kleinere Elektrogeräte auf den Recycling-Höfen in Bremen-Nord, Hemelingen, Findorf und Neustadt, auf der Blockland-Deponie oder auf den 15 Betriebshöfen der Bremer-Entsorgungsbetriebe (BEB) abgegeben werden. Für einen Bremer aus Tenever, der nur sein altes Kofferradio entsorgen will, immer noch ein weiter Weg. Um den Bürgern diese Wege zu ersparen, hat sich der Kreis Pinneberg im Zusammenarbeit mit der Elektroinnung ein System einfallen lassen. Die Pinneberger können ihre Großgeräte bei jedem Elektrohändler abgeben – und zwar alte und neue. Pinneberg als Vorbild für Bremen?

„Pinneberg ist nicht Bremen“, winkt Gerd Schreve-Lidtke, Breichsleiter Entsorgung bei der BEB ab. „Dort gibt es vielleicht zwei Hände voll Händler. In Bremen wäre das schwieriger zu organisieren.“ Das „Pinneberger-Modell“ mißfällt ihm auch aus anderen Gründen nicht. „Die Bürger müssen das Ganze über die Müllgebühren doch zahlen.“ Vor zwei Jahren hat Schreve-Lidtke ein umfangreiches Konzept für die flächendeckende Entsorgung von Elektroschrott erarbeitet. Neben den Kühlschränken sollten auch Computer, Fernseher und dergleichen abgeholt werden. Auch an die Entsorgung kleiner Elektrogeräte hatte er gedacht. Die Preise für die Entsorgung von kleinen Elektrogeräten von 60 Pfenning bis 1,20 Mark machten das System laut BEB für die senatorische Behörde zu teuer. Das Konzept landete in der Schublade. „Vernünftig wäre diese Art der Entsorgung gewesen“, sinniert Schreve-Lidtke. „Aber es muß auch der politische Wille da sein.“

kes