Das Portrait
: Enorm jugendlich

■ Ryutaro Hashimoto

An dem 58jährigen Ryutaro Hashimoto geht heute in Japan kein Weg mehr vorbei. Vorraussichtlich am 11.Januar wird der Chef der Liberaldemokraten (LDP) das Amt des Premierministers übernehmen.

Damit fällt dieser Posten nach zweieinhalb Jahren wieder an die Partei zurück, die ihn 38 Jahre besetzt hatte. Nachdem die LDP im Sommer 1993 aus der Regierung gewählt wurde, ging sie zunächst in die Opposition und wurde später Koalitionspartner der Sozialdemokraten. Diese Phase erlebte der ehrgeizige Hashimoto als Schmach. Doch er konnte sich als Chef des einflußreichen Wirtschaftsministeriums MITI profilieren: den Handelsstreit mit den USA entschied er – dank seines aggressiven Verhandlungsstils – für Japan. Er brachte die Amerikaner im vergangenen Juni davon ab, Strafzölle gegen Japan zu verhängen, die einen Handelskrieg eröffnet hätten.

Japans künftiger Regierungschef Ryutaro Hashimoto Foto: AP

Mit Hashimoto kehrt eine um eine Generation verjüngte LDP ins höchste Regierungsamt zurück. Das erste, was den designierten Premier in der japanischen Öffentlichkeit auszeichnet, ist seine angeblich ewige Jugend. Noch immer vergleicht man ihn mit Elvis Presley, an den zumindest die im stolz zurückgekämmten Haar getragene Pomade erinnert.

Hashimotos Extravaganzen sind seit Jahren berühmt: Er trägt gerne grüne Lederanzüge und wurde deshalb 1990 zum bestgekleideten Anzugmenschen Japans gewählt. Ebenso ausgefallen ist sein altmodisches Hobby, der Schwertkampf. Fast täglich mußten MITI-Beamte auf dem Dach des Ministeriums mit ihrem Chef trainieren.

Gerade dieser zur Schau getragene Individualismus machten Hashimoto jahrelang zum Außenseiter in der LDP. Erst wenn die Partei am Boden lag, war man bereit, den nach Umfragen seit langem populärsten Politiker des Landes zu rufen – das letzte Mal nach den Wahlen im Sommer 1995, als man erstmals nicht als stärkste Partei abschnitt.

Innerhalb der Partei aber ist seine Basis schwach. Noch immer begleitet ihn der Schatten des ehemaligen Fraktionsvorsitzenden und Premierministers der Liberaldemokraten, Noboru Takeshita. Dieser feiert derzeit ein Comeback.

Japan unter Hashimoto: Das könnte eine Rückkehr zum alten Machtspiel bedeuten, in dem hinter dem Premierminister in Wirklichkeit ein demokratisch nie gewählter Parteisenior regiert. Georg Blume