„Umkehr der Beweislast für FDP unakzeptabel“

■ Interview mit dem FDP-Bundestagsabgeordneten Heinz Lanfermann zum Lauschangriff

taz: Sind Sie jetzt in der Klemme? Die SPD stimmt dem Lauschangriff nur zu, wenn Sie das Eigentumsrecht in Artikel 14 zugunsten der Beschlagnahme von Geldwäschegeldern verändern.

Heinz Lanfermann: Zunächst halte ich gar nichts davon, wenn zur Anfüllung der Weihnachtspause einzelne Abgeordnete großartige Vorbedingungen aufbauen. Wir verhandeln jetzt erst einmal in der Koalition die Grundbedingungen für das Abhören von Wohnungen zur Beweismittelsicherung. Dabei geht es aber auch darum, daß weniger Telefonate abgehört werden – nicht nur vom BND bei Auslandsgesprächen. Sicher brauchen wir die Zustimmung der SPD zur Grundgesetzänderung, aber wir glauben nicht, daß die sich einer vernünftigen Regelung verweigern wird. Strucks Vorbedingung akzeptieren wir aber nicht.

Die SPD hat dieses Junktim aber schon 1993 festgeschrieben. Kommt der FDP-Lauschangriff damit nicht zu Fall?

Es kann nichts zu Fall kommen, was wir noch nicht ausverhandelt haben. Außerdem ist diese Verknüpfung für uns nicht tragbar, weil hier die Axt an einen der Grundpfeiler des rechtsstaatlichen Systems gelegt wird. Es geht nämlich gar nicht um Artikel 14, außer daß die Sozialdemokraten den Eigentumsbegriff aushöhlen möchten. Es geht der SPD um die unzulässige Umkehrung der Beweislast, nicht der Staat soll beweisen, daß dies unrechtmäßig erworbene Gelder sind, sondern der vermeintliche Täter soll beweisen, daß sie rechtmäßig erworben wurden. Aber das kehrt die Unschuldsvermutung um. Hier werden Bedingungen vermengt, die so nicht zusammengehören.

Nun sagt Struck: Was nützt der beste Lauschangriff, wenn das gewaschene Geld nicht beschlagnahmt wird, bevor es im Ausland verschwindet?

Dieser Ansatz ist ja verständlich, und es wird auch überlegt, wie man besser während eines Ermittlungsverfahrens illegale Gewinne sicherstellen kann. Darüber kann man sprechen. Aber am Ende darf eben keine Änderung der Unschuldsvermutung durch eine Beweislastumkehr stehen. Wenn das die SPD knallhart will und dafür das Grundgesetz ändern möchte, ist das für die FDP unakzeptabel.

Im Grundprinzip geben Sie Struck aber recht?

Wir haben immer gesagt, daß die Verhinderung von kriminellen Gewinnen einer der besten Wege ist, um organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Aber nicht so wie die SPD das verknüpft – im Gegenteil. Wenn wir mit Beweismittelsicherung auch durch Abhören ein weiteres Element einführen, um solche Taten besser beweisen zu können, haben wir damit wesentlich bessere Chancen, nachher die Gelder auf Dauer zu entziehen. Denn wir erleichtern dem Staat die Beweisführüng auf rechtsstaatlich einwandfreie Weise.

Dann aber, sagt Struck, sind die Gelder längst weg. Was machen Sie, wenn die SPD stur bleibt?

Ich sehe das nicht so. Ich glaube auch nicht, daß eine solche Verhandlungstaktik, wie Herr Struck sie aufgezeigt hat, Sinn macht. In solch hochsensiblen Fragen sollten die Experten lieber in Ruhe, aber nicht auf dem offenen Markt in Verhandlungen treten um ein vernünftiges Gesetz zu erarbeiten. Das wird sicherlich einige Monate dauern.

Ist die FDP denn dann noch im Bundestag präsent, müssen Sie nicht mit Neuwahlen rechnen?

Ich rechne überhaupt nicht mit Neuwahlen, weil ich überhaupt niemanden bei uns und in der Unionsfraktion sehe, der das will, obwohl man von dort sehr viel mehr abweichende Meinungen von Koalitionsvereinbarungen hört als von der FDP, das scheint aber so ein bißchen unterzugehen. Interview: Holger Kulick