■ Nebensachen aus Moskau
: Umzug zum Jahreswechsel mit Hindernissen

„Jeder Umzug ist eine Naturkatastrophe“, behauptet eine russische Weisheit. Und wenn die Russen das sagen, muß es etwas heißen. Wer sonst könnte sich qualifizierter zu Katastrophen äußern? Außer mir, der ich im letzten Jahr zwei Umzüge überstand und noch an der Verlustmeldung des ersten sitze. Es klingelt morgens. Sascha, der Möbelpacker, ist am Apparat. „Bringen die Sachen nicht unter!“ meint er. „Zu viele Teile, zu klein der Wagen, vom ersten Kunden schon halb voll.“ Hatten wir nicht vereinbart...? Es hilft nichts. Zurück zum Ort des Geschehens. Vor der Tür steht ein riesiger LKW!? Alle Teile werden zerlegt, einige buchstäblich. Genau das wollte ich verhindern. Denn wer baut alles wieder zusammen? Noch türmen sich vom letzten Mal diverse Regalteile, weil den Experten das Schrauben zu anstrengend war. Doch warum sich mit Problemen von morgen plagen? Der Fahrstuhl im 15. Stock fällt aus. Die Monteure kommen nicht, in drei Tagen ist Silvester. Das meinte auch der Kommandant des Wohnblocks, als ich ihn um Abnahme der Wohnung tags zuvor bat. Die Kommission könne nicht mehr als drei Partien am Tag erledigen – ausgebucht. Wir vereinbaren die Abwicklung gleich nach den Feiertagen. Doch dann – von der Kommission keine Spur. Endlich mache ich sie dingfest, in ihrem Büro, sie besteht aus einem Mann. Nach elf Minuten Vorgang abgeschlossen. Eine aufreibende Tätigkeit, gleich dreimal am Tag! Doch Schluß mit der Häme, ich bin ihm dankbar. Schließlich gab er sein O.K., obwohl die Stromrechnung noch offen war. Vergeblich hatte ich morgens versucht, sie zu bezahlen. Von der Sparkasse verwies man zur Post, von der Post zur Sparkasse und – Ehrenwort – zurück zur Post. Die Dame hinterm Schalter hatte ein Einsehen und schaute nochmals drauf. Rubelzahlungen bei der Kasse soundso, „hier nur in Valuta“. Zu Nachfragen fehlt die Zeit, die Kommission sollte ja in wenigen Minuten... Die Angelegenheit hatte sich schon auf der Post in die Länge gezogen. Die Beamtin erkannte mich als „den mit dem Nachsendeantrag“. Drei Stunden hatte mich jener letzte Woche gekostet, ohne daß eine Klärung erzielt worden wäre. Diesmal mußte noch nachgezahlt und die Lagerung geklärt werden, denn: sechs Wochen Bearbeitungszeit. Ruhe bewahren! Sie hatte meine Geduld schon damals auf die Probe gestellt. Zweimal wurde ich vergeblich vorstellig, weil die zuständige Distributionspostoberkommissarin einkaufen war. Eine Subalterne erbarmte sich am Ende. Für jedes Abonnement mußte ein Formular ausgefüllt werden. Dem nicht genug. Um überhaupt in den Vorzug der Behandlung zu gelangen, galt es ein Bittgesuch einzureichen. Die Beamtin spürte meine Verzweiflung und bot gemäß Gebührenordnung die Übernahme der Formalitäten an. Warum nicht gleich so? Sie braucht ihren Kitzel. Das knechtische Element verlangt in Rußland seinen Tribut.

Und die Regale? Packer Wlad hatte sich für übermorgen angekündigt. Beim Anruf abends war er schon ins Schnapsglas gefallen. Morgens meldete er sich „kommen zu zweit“. Hoffentlich ist ihnen nichts passiert, ich warte immer noch. Klaus-Helge Donath