„Zwei oder drei Prozent schwarze Schafe“

■ Karlheinz Moewes von der Kriminalpolizei München ermittelt gegen Online-Pornos

taz: Datennetze sind durch die Verbreitung von Kinderpornographie ins Gerede gekommen. Schon Seit Februar des letzten Jahres recherchiert die Arbeitsgemeinschaft EDV der Münchener Kriminalpolizei in Mailboxen und Onlinediensten. Was ermitteln Sie denn?

Karlheinz Moewes: Die Arbeitsgemeinschaft EDV ermittelt nicht selbst. Wir nehmen Kontakt zu verdächtigen Anbietern auf und geben unsere Erkenntnisse an die Dienststelle für Jugendschutz weiter. Zur Zeit bearbeiten wir schwerpunktmäßig den Bereich der Kinderpornographie und haben damit auch nachweisbare Erfolge erzielt.

Der Onlinedienst CompuServe hat auf Anraten der Staatsanwaltschaft gleich zweihundert Newsgroups gesperrt. Welchen Erfolg hatten Sie denn mit den Razzien gegen Mailboxen?

Bei sämtlichen durchsuchten Mailboxen konnten wir nachweisen, daß dort Pornographie auf dem Versandweg vertrieben und dafür geworben wird. Das reicht nach dem Paragraphen 184 des Strafgesetzbuches aus für einen Beschlagnahmebeschluß.

Gilt das auch für die Verbreitung von digitaler Pornographie?

Ja. Es macht keinen Unterschied, ob ich Pornos digital verbreite oder über ein Stück Papier. Das Bild auf dem Monitor ist zwar flüchtig, aber es manifestiert sich in der abgespeicherten Datei.

Damit stehen Sie im Widerspruch zu einigen Rechtsexperten. Die sagen, daß es im Bereich der Datenkommunikation noch große Gesetzeslücken gibt.

Jeder kann seine eigene Meinung haben. Wenn diese Leute aber Rechtsexperten sind, hätten sie mal das Strafgesetzbuch durchlesen müssen. Wir haben inzwischen Gerichtsurteile, die die Weitergabe pornographischer Schriften per Datenfernübertragung als Versandhandel im Sinne des Strafgesetzbuches deklarieren.

Wer muß für pornographische Inhalte in den Mailboxen geradestehen?

Rechtlich gesehen sind die Betreiber dafür verantwortlich. Wenn ich mich heute als Mailboxbetreiber auf der richtigen Seite bewegen will, dann muß ich die Konsequenzen tragen und darf weder Pornographie noch indizierte Computerspiele oder Raubkopien von Software anbieten.

Viele Betreiber fühlen sich kriminalisiert und werfen der Polizei zu hartes Durchgreifen vor.

Diese Vorwürfe kann ich erst klären, wenn die laufenden Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sind. Die teilweise geschilderten „Wildwest-Methoden“ sind jedenfalls nicht von uns durchgeführt worden.

Sex mit Kindern wird zunehmend auch über Online-Dialoge angeboten. Greifen Sie auch da ein?

Gegenfrage: Wenn Sie telefonieren, wollen Sie dann abgehört werden?

Nein.

Eben. Um in diese Dialoge einzugreifen, müßte ein gerichtlicher Abhörbeschluß vorliegen. Das wäre ein Eingriff in die Grundrechte, und diese Befugnis haben wir nicht.

Gibt es keine andere gesetzliche Grundlage?

Es bestehen Rechtsunsicherheiten, ob es sich bei der digitalen Übertragung von Tastaturdaten um ein nichtöffentliches Gespräch wie ein Telefonat handelt. Wenn es so ist, muß man auch Online-Gesprächen den Schutz des Grundgesetzes zugestehen.

Ein zusätzliches Problem entsteht durch die Pseudonyme in den Dialogmedien: Der Betreiber des Dialogmediums weiß ja nicht, ob ein Gesprächsinhalt gesetzeswidrig ist. Und wenn er es wüßte, den Dialog mitschneiden und veröffentlichen würde, dann würde er sich selbst strafbar machen.

Was halten Sie von den Bestrebungen der Betreiber zu einer freiwilligen Selbstkontrolle?

Ich würde es sehr begrüßen, wenn das zu einem Erfolg führen würde. Mit freiwilligen Maßnahmen können Sie zwar im Ernstfall nichts verhindern, denn sie basieren nur auf dem guten Willen. Viele Betreiber bemühen sich aber, die Netze sauberzuhalten. Die schwarzen Schafe machen lediglich zwei oder drei Prozent aus. Fragen: Andrea

Siebert-Wellnhofer