Wettfahrt um Transportaufträge

■ Eine Privatbahn will Passagiere von Braunschweig nach Uelzen bringen und verspricht schnellere Zugfolge als bisher

Celle (taz) – Die Privatbahnen, bislang meistens im Güterverkehr aktiv, wollen der Deutschen Bahn nun auch im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) Konkurrenz machen. Seit der Silvesternacht bestimmen Städte, Kreise und Bundesländer, wer im ÖPNV das Rennen macht – und das muß nicht mehr die DB sein.

„Wir haben für die Strecke Uelzen-Braunschweig ein Angebot gemacht. Wenn wir den Zuschlag bekommen, werden hier die Züge öfter fahren als bisher“, verspricht Jens Jahnke, Chef der Osthannoverschen Eisenbahn AG (OHE). Die OHE hat mit 326 Kilometer zwischen Hamburg und Hannover das längste Streckennetz aller deutschen Privatbahnen. Jetzt will sie ein Stückchen von den 6,8 Milliarden Mark abhaben, die Niedersachsen ab sofort als Träger des Bahnnahverkehrs bereitstellt.

In Hannover findet man an der privaten Initiative Gefallen. „Wir glauben, daß Privatbahnen bei gleicher Leistung bessere Angebote machen können“, sagt Rainer Peters, Pressesprecher im Wirtschaftsministerium. Er rechnet mit einem größeren Wettbewerb allerdings erst ab 1998. Bis dahin garantiert die DB, das bisherige Angebot aufrechtzuerhalten.

Welche Pläne die DB für die Verbindung Uelzen-Braunschweig hat, dazu möchte DB- Sprecher Burkhard Ahlert von der Bahndirektion Hannover nichts sagen. 22 Züge befördern an Werktagen im Schnitt 3.400 Reisende. Über die Höhe des Kostendeckungsgrades bei so wenig Zuggästen schweigt sich Ahlert aus: Man sei schließlich nun auch ein privates Unternehmen und habe seine Geschäftsgeheimnisse. Noch will die DB nicht auf die defizitäre, 99 Kilometer lange Nebenstrecke verzichten. Ein Übernahmeangebot des Landes, das eine Mark bot, wurde dankend abgelehnt.

Das Wirtschaftsministerium in Hannover sieht trotzdem die Stunde der OHE kommen. Und das auch aus Eigeninteresse: Niedersachsen ist mit 40 Prozent der Anteile größter Aktionär.

Haupteinnahmequelle der 190 deutschen Privatbahnen wird weiter der Güterverkehr bleiben. Vom allgemein steigenden Frachtaufkommen profitieren sie allerdings nur indirekt. So werden auch bei der OHE immer mehr Güter auf der Straße befördert. „Wir machen dem Kunden ein Angebot für einen Transport über die Schiene. Wenn es ihm zu teuer ist, können wir versuchen, mit unserer eigenen Spedition einen niedrigeren Preis hinzukriegen. Dann bekommen wenigstens wir und nicht andere Speditionen den Auftrag. Wenn wir kalkulieren, spielen Auswirkungen auf die Umwelt keine Rolle“, gesteht OHE-Chef Jahnke freimütig. Die Folge: Während die von der OHE beförderten Güter 1993 auf 880.000 Tonnen zurückgingen (1992: 1,1 Millionen), wurden von dem Tochterunternehmen KOG 290.000 Tonnen (1992: 227.000) auf der Straße transportiert. Joachim Göres