Österreichs Rechts-Yuppie im Aus

■ Nach dem Skandal über Jörg Haiders Lob der Waffen-SS mag ihn niemand mehr. Die ÖVP koaliert jetzt mit der SPÖ

Wien (taz) – Nun ist der Bann doch noch gebrochen: Österreichs Rechtspopulist Jörg Haider steht im politischen Abseits. Das hätte noch vor drei Wochen keiner erwartet, als bei den Parlamentswahlen in der Alpenrepublik eine Million Wähler für den selbsternannten „Ausmister der Nation“ und seine „Freiheitlichen“ (FPÖ) stimmten. Keine der anderen Parteien dachte damals daran, einen Politiker auszugrenzen, hinter dem fast ein Viertel der stimmberechtigten Bevölkerung steht. Jetzt machen bereits Gerüchte die Runde, Jörg Haider wolle zurücktreten, und der dritte Nationalratspräsident wird voraussichtlich auch kein FPÖ-Politiker mehr sein. Die anderen Parteien haben sich ausnahmslos und deutlich wie selten von Haider distanziert. Sogar Bundespräsident Thomas Klestil (ÖVP) hob den Zeigefinger. Nur die FPÖ steht nach wie vor hinter ihrer Galionsfigur. Erst am Wochenende haben die Landesvorsitzenden der Partei dem Führer wieder die Treue geschworen.

Es war ein ausländischer Fernsehsender, der Österreichs öffentliche Meinung über Jörg Haider umkrempelte. Drei Tage vor der Nationalratswahl zeigten die ARD-Tagesthemen Ausschnitte eines Amateurvideos, in dem FPÖ-Chef vor Veteranen der Waffen-SS sagte, was er denkt: Er bezeichnete seine Zuhörer als „anständige und verdiente Menschen, die einen Charakter haben und ihrer Überzeugung bis heute treu geblieben sind“. Und: „Auch wenn wir momentan nicht mehrheitsfähig sind, sind wir geistig den anderen überlegen, und das ist etwas sehr Entscheidendes“, tönte der Rechts-Yuppie vor den greisen Schergen der „Kameradschaft IV“ beim sogenannten Ulrichsbergtreffen im Oktober.

Fast wären diese Äußerungen im Wahltrubel Mitte Dezember untergegangen, denn das österreichische Fernsehen weigerte sich, den Film noch vor der Wahl auszustrahlen. Als sich das ORF zwei Tage nach der Wahl doch noch entschloß, das Video mit einem Haider-Interview angereichert vorzuführen, war der Skandal perfekt: Gegenüber dem vor Aufregung zitternden ORF-Reporter sagte Jörg Haider, der Waffen-SS komme als Teil der Wehrmacht „alle Ehre und Anerkennung zu, die sie im öffentlichen Leben hat“. Von seinen Äußerungen habe er nichts zurückzunehmen.

Seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft Klagenfurt gegen Haider wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Seitdem ist auch eine rechnerisch ganz knapp mögliche Regierung aus ÖVP und FPÖ endgültig vom Tisch: Am Montag beschloß die Volkspartei, Koalitionsverhandlungen mit den Sozialdemokraten aufzunehmen.

Jörg Haider findet die öffentliche Aufregung eine „Riesenschweinerei“: Mit seinen anerkennenden Worten habe er nicht die Waffen-SS gemeint, sondern seine eigenen Parteifreunde. Auf der Veranstaltung im Oktober klang das noch anders: „Wir leben halt wirklich in einer Zeit, in der political correctness, wie das so schön heißt, der Tugendterror (...) verbreitet wird und man einfach versucht, jene Treffen und Begegnungen von der älteren Generation, die eigentlich nur in einer Gemeinsamkeit daran denken will, was sie alles durchgemacht hat, miterlebt hat, wofür sie gelitten hat, zu diskriminieren.“ Daniel Asche