Arbeitgeber wollen nur nehmen

IG-Metall-Chef Klaus Zwickel droht Gesamtmetall mit Ultimatum, nachdem die Gespräche über das „Bündnis für Arbeit“ am Montag so gut wie scheiterten  ■ Aus Gravenbruch Klaus-Peter Klingelschmitt

IG-Metall-Chef Klaus Zwickel ist enttäuscht, böse und kündigte ein Ultimatum an. Nachdem die Verhandlungen mit Gesamtmetall über das von Zwickel angeregte „Bündnis für Arbeit“ am Montagabend in Gravenbruch bei Frankfurt so gut wie gescheitert waren, drohte er gestern mit Abbruch aller Verhandlungen.

Falls Gesamtmetall beim nächsten Spitzengespräch am 18. Januar nicht prinzipiell andere Vorschläge als am Montagabend machen sollte, würde dies das letzte Gespräch gewesen sein. Noch gebe die IG Metall zwar nicht alle Hoffnungen auf konstruktive Vorschläge von Gesamtmetall auf, aber „für weitere unverbindliche Plaudereien ist keine Zeit mehr“, meinte Zwickel. Zur Kanzlerrunde am 23. Januar in Bonn wolle die IG Metall mit einer klaren Botschaft anreisen: „Entweder wir sind auf dem Weg zu einem Bündnis oder das Bündnis klappt nicht.“

Was Zwickel gestern höflich als „Plaudereien“ umschrieb, war eigentlich die Kampfansage von Gesamtmetall. Über vier Stunden lang hatten sich am Montag der Präsident von Gesamtmetall, Hans J. Gottschol und Klaus Zwickel im Landhotel vom Kempinski vor den Toren der Mainmetropole beharkt. Am Ende standen Zwickel und sein Stellvertreter Walter Riester mit leeren Händen da: „Große Probleme und unterschiedliche Ansätze“, hieß es da noch diplomatisch.

Denn Gottschol stellte dem IG- Metall-Vorschlag „Bündnis für Arbeit“ sein fundamental gegensätzliches „Bündnis für Arbeit und Wettbewerb“ entgegen. Während die IG Metall als „Belohnung“ für die Schaffung von 100.000 neuen Arbeitsplätzen durch die Arbeitgeber schon in diesem Jahr den Verzicht auf über die Inflationsrate hinausgehende Lohnsteigerungsraten anvisiert, propagiert Gottschol eine Nullrunde für die kommenden Tarifverhandlungen. Neue Arbeitsplätze können – und dies ist der eigentliche Streitpunkt – aber erst für 1997 in Aussicht gestellt werden. Als Gegenleistung für niedrige Einstiegslöhne für Langzeitarbeitslose und Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld könne nur der für 1996 prognostizierte weitere Arbeitsplatzabbau gebremst werden, meint Gesamtmetall.

Als Zuckerbrot bot Gottschol der Gewerkschaft „Anreize zum Abbau von Überstunden“ an. Zudem könnte über die zusätzliche Einführung von Samstagsarbeit doch noch einige neue Arbeitsplätze schon 1996 geschaffen werden. Lange Gesicher danach bei Zwickel und Riester. „Die Arbeitgeber wollen nur nehmen und nichts geben“, so der IG-Metall- Chef. Seine Bilanz: Die Arbeitgebervorschläge seien kein Bündnis für Arbeit, sondern ein Gruselkatalog für Tarif- und Sozialabbau. Die Arbeitgeber seien zwar ehrlich genug zuzugeben, daß selbst mit den von ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen kein Beschäftigungsaufbau zustande kommt, schlimmer noch: „sie haben dies nicht einmal zum Ziel. Sie wollen allenfalls den Abbau von Arbeitsplätzen verlangsamen.“

Die nordrheinwestfälische Landesregierung forderte gestern eine Sonderkonferenz der Wirtschaftsminister von Bund und Ländern zum „Bündnis für Arbeit“. Diese Konferenz für die Erhaltung des Wirtschaftsstandortes Deutschland und die Sicherung von Arbeitsplätzen solle umgehend stattfinden, am besten noch im Januar, meinte Landeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD). Nur ein langfristiges Bündnis von Politik, Gewerkschaften und Unternehmen könne verhindern, daß die drohende Abschwächung der Konjunktur in eine tiefgreifende Rezession münde. „Dazu muß sich die Politik an einen Tisch setzen, alle müssen gemeinsam verhandeln.“ Es sei Zeit, an die konzertierte Aktion von Anfang der siebziger Jahre anzuknüpfen.