Taucherin im Blues

■ Im Gespräch: Die Blues-Sängerin Maria Muldaur, zu Gast beim Festival „Women in (E)Motion“

“Oh, I love that!“ sagt Maria Muldaur zu dem Urteil eines Kritikers, dem zufolge sie mehr Erotik in eine Songzeile legen kann als Madonna in ein ganzes Album. Und auch mit den anderen Besprechungen, in denen immer wieder auf den Sex in ihrer Stimme hingewiesen wird, ist sie sehr zufrieden: „Die Jungs in meiner Band machen da gerne Witze drüber. Schon wieder solch ein „S“-Wort, sagen sie. Neben sexy kommen nämlich sehr oft die Vokabeln sultry, seductive, steamy, swampy (schwül, verführerisch, rauchig, sumpfig) vor. „Ich verwandle mich selbst bei jedem Song, um dessen Stil und Stimmung genau zu treffen. Wenn das so überzeugend wirkt, ist das doch wunderbar.“ Sie selber nennt sich gerne „einen alten Hippie“, aber der Ursprung ihrer Musik geht noch weiter zurück in das New Yorker Greenwich Village der Beatniks. Dort wuchs sie auf und wurde von vielen verschiedenen Musikströmungen beeinflußt. „Das war damals eine große Renaissance der amerikanischen Musik – jede Woche entdeckten wir alte Künstler und Stile wieder neu. Musiker, von denen wir dachten, daß sie schon lange tot waren, fanden wir bei sich zu Hause auf der Veranda sitzen, und dann sangen sie ihre Songs für uns. Wir alle spielten aus Liebe zur Musik, ließen in den Clubs einen Korb rumgehen und dachten überhaupt nicht an Plattenverträge oder das große Geld.“

Bei Maria Muldaur gibt es eine ungebrochene Linie von den Anfängen zu ihrer Musik von heute: So war sie etwa immer eine eklektizistische Künstlerin, die sich nie auf eine bestimmte Stilrichtung festlegen ließ. In den letzten Jahren hat sie abwechsend Jazz, Gospel, Swing und Blues-Platten aufgenommen, und sie genießt diese künstlerische Freiheit. „Ich kann machen, was ich will! Bei all diesen verschiedenen Projekten tauche ich ganz in den jeweiligen Stil ein. Ich esse ihn, trinke ihn, schwimme in ihm. Aber ich behalte immer im Hintergrund diese Blues-Stimmung. Auch die Jazzsongs singe ich nicht mit dem strengen, puristischen Bebop-Gefühl, sondern durchgehend ein wenig funky.“ Ihren einzigen großen Hit „Midnight at the Oasis“ bezeichnet Maria Muldaur selbst als „glücklichen Zufall“, und es wird ihr nicht wie anderen Musikern lästig, ihn immer wieder singen zu müssen. Überall auf der Welt, in Hongkong, Japan und auch hier in Deutschland kommen die Leute doch in meine Konzerte, weil sie sich an dieses Lied erinnern. Aber ich versuche nicht, so etwas zu wiederholen. In den siebziger Jahren versuchte ein Produzent, mich dazu zu überreden, einen Song der Supremes zu covern, aber das habe ich abgelehnt, weil das für mich eine Beleidigung der schwarzen Musiker gewesen wäre. Gleich darauf hatten Linda Ronstedt und James Taylor riesige Erfolge mit solchen weiß gewaschenen Versionen von Motown Klassikern. Deswegen singe ich jetzt hier in einem kleinen Club in Bremen und nicht in großen Stadien.“ Mit 150 bis 200 Auftritten im Jahr ist Maria Muldaur fast ständig unterwegs. Aber der Flug von Amerika nach Deutschland am Dienstag muß ganz besonders schlimm gewesen sein: „B.B. King hat mal gesagt, er würde für das Reisen bezahlt und umsonst singen, und genauso fühle ich mich auch. Solche Flüge und jede Nacht ein anderes Bett machen wirklich keinen Spaß, aber für die zwei Stunden, die ich dann auf der Bühne stehe, lohnt sich all das dann doch.“

In Bremen wird Maria Muldaur im Duo mit dem Pianisten David Mathews auftreten. „Meistens spiele ich ja mit einer großartigen Gruppe, der „Red Hot Louisina Band“, und da muß ich oft den Blues herausbellen, um überhaupt gehört zu werden. Im Duo haben ich mehr Raum für meine Stimme, und so kann ich gefühlvoller und mit viel mehr Nuancen singen. Hier werde ich einige Bluessongs im rauhen Stil von Bessie Smith singen, lyrische Jazzballaden, Kompositionen mit dem Flair von New Orleans und Louisiana und ein paar alte Lieblingsstücke.“ Darunter natürlich „Midnight at the Oasis“, das sie zuerst eigentlich gar nicht mochte.

Willy Taub

Heute abend im Moments, am 13.1. im KITO und am 14.1. im Rathaus Stuhr