„Gegen die rechte Hetze“

■ Friedliche Kundgebung gegen Kanther-Besuch bei CDU

„Das Abschiebejahr 1996 beginnt hier und heute, unser Widerstand auch“, mit diesem kraftvollen Schlußsatz beendete der Redner des Anti-Rassismus-Büros gestern kurz vor 18 Uhr seinen Beitrag auf der Holleralle vor dem Park-Hotel. Die 4-500 DemonstrantInnen, mit einem zig Meter langen dicken Strick zum festen Block symbolisch zusammengehalten, waren von weit mehr als 500 Polizeibeamten umringt. Die Bremer Polizei zeigte ihren ganzen Fuhrpark. Auch zwei Wasserwerfer standen in Bereitschaft. Das Park-Hotel wie eine Festung abgeschirmt, hinter dem Parkhotel, in dem zum CDU-Neujahrsempfang auch Innenminister Manfred Kanther, warteten wie ein letzter Verteidigungsring mehr als 200 Mann Bundesgrenzschutz. Zwar hatten die Demonstranten vorher angekündigt, sie wollten Kanther „nicht in Ruhe feiern lassen“, Bremens Innensenator Borttscheller könne „gleich mit abhauen“. Die polizeiliche Übermacht sicherte Kanther, Borttscheller und dem CDU-Publikum dann aber doch vollkommene Ruhe im Saal des Park-Hotels. Nach der Kundgebung, auf der Reden auch auf türkisch und von einem schwarzafrikanischen Asylbewerber auf englisch gehalten wurden, zogen die Demonstranten wie mit der Polizei vereinbart zum Bahnhof zurück.

„Gegen die rechte Hetze“ stand auf dem Front-Transparent des Zuges, und „keine Abschiebung“. Dem Bundesinnenminister wurde seine scharfe Asylpolitik und die Rückführungsabkommen zum Zwecke der „Deportation“ von Rumänen (Roma und Sinti) und Vietnamesen vorgeworfen. Kanther sei ein „Scharfmacher übelster Sorte“, meinte der Redner des Anti-Rassismus-Büros, und warf ihm „rassistische Einstellung“ vor.

Erfreulich sei, so das Anti-Rassismus-Büro auf der Kundgebung, daß sich Flüchtlinge im vergangenen Jahr immer häufiger organisiert hätten, um der Asyl-Politik „kollektiven Widerstand entgegenzusetzen“. Diese Politik richte sich nicht nur gegen Flüchtlinge, der Sozialabbau sei nur die Fortsetzung dieser Politik gegen andere soziale Gruppen, der Widerstand müsse sich verbinden.

Während Menschen, die durch schwarze Lederjacke, Palästinenser-Schal oder bunte Haarstränen auffällig waren, durch die Polizeiketten nicht in Richtung Parkhotel hindurchgelassen wurden, hatte die durch gute Kleindung ausgewiesene „Sympatisantenszene des staatlichen Terrors“, wie die Antirassismus-Redner sie nannten, freien Zugang zum Park-Hotel. Sie mußte nur einen kleinen Umweg um die durch Polizei-Scheinwerfer hell erleuchteten DemonstrantInnen inkauf nehmen. Die CDU-Veranstaltung dort dauerte bei Redaktionsschluß noch an. K.W.

Foto: Kay Michalak