Vorsorgendes Bemühen

■ betr.: „Jedem Flüchtling seinen Spitzel“ u.a., taz vom 5. 1. 96

[...] Welche Maßstäbe werden da angelegt? Welche Gewinn- und Verlustrechnungen werden da aufgestellt? Wer macht sich die Mühe, darüber nachzudenken, ob nicht ein vorsorgendes Bemühen um die wirklich nicht zu beneidenden Insassen der Asylbewerberheime um ein Mehrfaches billiger ist als die sogenannte polizeiähnliche Überwachung?

Der Freistaat ist zwar nicht bereit, jährlich 50.000 DM für eine Halbtags-Sozialstelle auszugeben und überläßt dies seinen Bürgern und den ehrenamtlich Engagierten. Er bezahlt lieber ein Mehrfaches, nämlich 80.000 bis 100.000 monatlich, das sind 960.000 bis 1.200.000 DM jährlich für ein Heim nur für seine Überwachung. Hier wird wider besseres Wissen Steuergeld mit beiden Händen vergeudet. Zur Illustration ein Beispiel:

Auch an der Grenze zwischen den Münchner Stadtteilen Oberföhring und Englschalking ist ein Asylbewerberheim eingerichtet. Als die Stadt München vor fast drei Jahren mit der Vorbereitung zur Errichtung dieses Heimes begann, war die Aufregung unter den Bürgern groß, denn viele fürchteten um Leib und Leben. Einige Mitglieder der umliegenden evangelischen und katholischen Kirchen und aller Parteien gründeten darauf eine Initiative „Miteinander leben in Oberföhring“. Sie engagierten sich, sprachen mit den Vertretern der Stadt und der Regierung von Oberbayern und brachten so einiges in die rechte Bahn.

Da sich weder die Stadt noch der Freistaat für eine echte Betreuung der Asylbewerber zuständig fühlen, stellte der jetzt eingeschriebene Verein eine Sozialpädagogin ein und organisierte einige ehrenamtliche Arbeitsgruppen aus Oberföhringer Bürgern, um sowohl den übrigen Oberföhringern Verständnis abzuringen als auch den Asylbewerbern zu helfen. Das erforderliche Geld wird über Spenden der 38 Mitglieder und 142 Förderer aufgebracht. Der Gesamtetat betrug 1994 etwa 300.000 DM, dazu kam noch ein Betrag von zirka 13.000 DM an ABM- Maßnahmen. Für diesen lächerlichen Betrag von knapp 45.000 DM wird Frieden in der ganzen Gegend gewonnen und erhalten. [...] Gerhard Hinrichsen, München