Abstrakte Hysterie

■ House-Raves mit Verkleidungszwang

Es ist schon ein Kreuz mit House. Einerseits wirkt ein langer Abend beim persönlichen DJ-Favoriten und der für die Enzyme passenden Mischung aus Abstraktion und Hysterie wie die Einnahme einiger großer, bunter Opiumkugeln. Anderseits aber werden im Format-Radio brave Pop-Schmankerl mit den Erkenntnissen von House untermauert, um den rechten Stampf zu erlangen. Und die Housemeister heben ihrerseits immer wieder ausrangierte Soul-Stimmchen aufs Schild und erklären zur House-Queen und -Diva, was ein Harmonizer zum sex-willigen Comic-Quietschen verzerrt. Da mögen dann nicht nur Frauenbewegte nimmer mehr.

Einen Überblick über den gegenwärtigen Stand der House-Dinge, die Kunst der üppigen Hysterie, kann man sich in dieser Woche verschaffen. Das New Yorker Label Strictly Rhythm, dessen Cover mit den roten und blauen Backsteinen seit mittlerweile 6 Jahren avancierten House signalisieren, schickt mit George Morel, Roger S. und Bobby D'Ambrosio die erste Mannschaft. Insbesondere der geschniegelte George Morel steht dabei synonym für üppige Arrangements, tonales Hintergrundleuchten auf der DX7-Orgel und gegenläufige Saxophonzuckungen. Zusammen mit der Label-Managerin Gladys Pizarro gelang es Morel die führenden House-Köpfe wie die recht abstrakt arbeitenden Masters at Work und Roger S. mit seinen Latino-Ausflügen an das Label zu binden. Mittendrin wird die als recht zickig verschrieene Entertainerin Barbara Tucker bis zur Ohnmacht in Sang und Tanz wirbeln.

Tags darauf zittern falsche Wimpern, und Federboas fallen über rotes Lackleder. Kinky Pinky heißt ein aus England importiertes Konzept, in dem es um bizarre Klamotten geht - Nina Hagen als neues, altes Rolemodel . Dazu rühren Joey Vazquez, Jens Mahlstedt und Sven Dohse ihre Suppen auf. Zehn Mark von der saftigen Einlaßgebühr gehen dabei an den Aids-Hilfe-Verein „Big Spender“.

Nebenan findet die zweite, nunmehr monatlich ausgetragene Party des renommierten Hamburger House&Techno-Labels Superstition statt. Anläßlich der Veröffentlichung ihrer Maxi werden dort Humate zwischen härteren Gangarten und Trance pendeln, und der Vorsitzende und Kopf von Superstition Tobias Lampe legt in seinem eigenen Laden auf.

Strictly House Tour: Do,16.2., Docks, 22 Uhr

Kinky Pinky: Fr, 17.2., Große Freiheit, 21 Uhr

A Night of Superstition: Fr, 17.2., Unit, 22 Uhr Volker Marquardt