Die vielen Geliebten des Herrn Adolf H.

■ Ulrich Hub zur Hamburger Uraufführung seines Stücks Fräulein Braun

Eigentlich wollte sie nur zum Film, aber dann ist sie als Frau des „Führers“ in die Geschichte eingegangen. Eva Braun, ein junges Mädchen aus München, hatte das erreicht, wovon unzählige deutsche Frauen geträumt haben – die Nähe zu Adolf Hitler, und kurz vor dem gemeinsamen Selbstmord im Bunker der Reichskanzlei wurde sie sogar seine Ehefrau. „Sie können mich nun ohne Bedenken Frau Hitler nennen“, sagte sie auf dem Höhepunkt und gleichzeitigem Ende ihrer Karriere.

Ulrich Hub, in Köln lebender Schauspieler und Regisseur, verfaßte einen fiktiven Monolog der Eva Braun, den er nun selbst am TiK in Szene setzte. Die Arbeit am Fräulein Braun ist für ihn damit eine Rückkehr. Denn nach seiner Schauspielausbildung in Hamburg hatte er hier in Heiner Müllers Hamletmaschine gespielt, ohne zu ahnen, wie schnell er selbst als Autor und Regisseur zurückkommen würde.

Die von Cornelia Schirmer gespielte Figur soll nicht die reale Eva Braun ergründen, sie steht stellvertretend für all jene Frauen des Dritten Reiches, die Adolf Hitler verehrten – vielleicht auch stellvertretend für Deutschland. „Eva Braun ist deshalb so interessant“, erklärt der Autor und Regisseur, „weil sie gar keine Funktion hatte in der Geschichte und sich deshalb besonders gut eignet als Projektionsfläche für Frauenbilder im Faschismus. Diese Frau hat nur dann eine Chance, wenn sie bestimmten Bildern entspricht, die Männer gemacht haben.“ Das lange Zeit vor der Öffentlichkeit verborgene Mädchen sucht seineverlorene Identität in Rollen. Sie gibt sich als Soldatenbraut, Geliebte, Sekretärin, Krankenschwester oder Kriegsdienstverpflichtete aus. Hub arbeitet in seinem Monolog mit verschiedenen Sprachformen und verdeutlicht so, daß „frau“ nur in fremdzugeschriebenen Rollen agiert. Unterbrochen wird der Monolog Evas nur durch einen Schäferhund und einen Volksempfänger. Sie vertreten die ausgeblendete Realität, wenn Eva Braun sich etwa mit der Vorbereitung von Tombolas beschäftigt.

Im Gespräch über seine Arbeit betont Ulrich Hub besonders die Frage nach der Verantwortung. Dabei interessiert ihn die Haltung von Menschen, die zwar in der Nähe der politischen Macht sitzen sich aber, wie Eva Braun, nicht um politische Dinge kümmern – ein Verhalten, das auch heute verbreitet ist. „Wo beginnt die eigene Verantwortung? Ab wann muß man sich verhalten zu politischen Vorgängen?“ sind Fragen, die Ulrich Hubs Inszenierung aufwirft, ohne sie eindeutig zu beantworten. Niels Grevsen

Freitag den 17., Sonntag den 19., Mittwoch den 22. sowie Dienstag den 28. Februar, Thalia in der Kunsthalle, Glockengießerwall 1, jeweils 20 Uhr