: Sprengung spaltet Statt Partei
■ Millerntor-Hochhaus: Zwei gegen vier plus eins gleich Rumms
Hamburgs Bürgerschaft steht heute abend vor einer Feierstunde der besonderen Art: Nicht nur, daß sich das Parlament voraussichtlich mit kunterbunter Mehrheit gegen eine Räumung der Hafenstraße aussprechen wird (siehe Seiten 5 und 17). Auch ein anderes Gebäude im Stadtteil St. Pauli wird für ein beachtliches Stimmenwirrwarr sorgen: das Millerntorhochhaus.
Denn die Sprengung des noch immer nicht ganz Filz- und Asbest-unverdächtigen Hochhauses spaltet das Parlament in Senat, SPD, CDU und vier Statt-Partei-Abgeordnete einerseits, die GAL, zwei Statt-Partei-Abgeordnete plus Markus Wegner andererseits. Anlaß ist der am Montag vom Senat vorgelegte Bericht zur Asbestsanierung des Betonklotzes, nach dem einer Sprengung nichts mehr im Wege steht. Richtig so, sagen SPD, CDU und die vier Statt-Abgeordneten, das Ding muß weg. Im übrigen, aber das sagt natürlich keiner öffentlich, hätten insbesondere die abtrünnigen Statt-Abgeordneten Klaus Scheelhaase und Georg Berg einen an der Waffel.
Die beiden haben nicht nur vor zwei Wochen mit ihrem Asbest-Alarm für die Verschiebung der Sprengung gesorgt, sie beharren auch jetzt noch auf „weiteren Untersuchungen“. Ein Ansinnen, das nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, weil das vom Senat vorgelegte Papier zumindest in einem Punkt falsch zu sein scheint: Bei der Suche nach Asbestresten unter dem Estricht der 23 Etagen wurden laut Sanierungsbericht des TÜV-Nord Stichproben ausschließlich in Fassadennähe, nicht aber aus der Raummitte entnommen. Der Senat behauptet exakt das Gegenteil.
Folgen? Vermutlich keine, die „Sprengung-now“-Fans haben in der Bürgerschaft eine satte Mehrheit. Und selbst wenn das anders wäre, sieht der Senat keine „rechtliche Handhabe, die erteilte Sprenggenehmigung zurückzunehmen“.
Wann das Hochhaus gesprengt werden soll, stand gestern noch nicht fest. Zurückbleiben wird viel Staub, ein Rest Asbest – der im Hamburger Luft-Schadstoffcocktail noch nicht einmal besonders auffallen wird – und eine Frage, die Statt-Partei-Outlaw Markus Wegner so formuliert: „Wessen Interessen haben am Millerntor eigentlich eine Rolle gespielt?“ uex
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