Die Goldgrube Flughafen-S-Bahn ...

■ ... ist ein Millionengrab für den Staatssäckel: Die geplante Anbindung des Airports in Fuhlsbütel trifft auf wachsende Bedenken Von Florian Marten

Nur noch heute und morgen liegen die Planfeststellungsunterlagen für eines der größten Hamburger Verkehrsprojekte aus: Die nach den derzeitigen offiziösen Kalkulationen knapp eine halbe Milliarde Mark teure „Flughafen-S-Bahn Ohlsdorf-Flughafen“. Zwei Wochen lang haben betroffene BürgerInnen noch Zeit, Einwände zu erheben. Von großen Protesten aber oder gar einer Debatte über verkehrspolitischen Sinn und finanziellen Aufwand dieses Airport-Shuttles blieben Bahn AG und Baubehörde bislang verschont.

Gestern allerdings meldete sich die GAL vorsichtig zu Wort, wohl wissend, daß grüne Kritik an Schienenprojekten doppelt abgesichert sein muß: „Die Flughafen-S-Bahn bringt wenig Nutzen für viel Geld“, mahnte der grüne Verkehrsexperte Martin Schmidt. Er warnte vor den Kosten – allein auf Hamburgs ausgeblutete Stadtkasse kommen 220 Mio Finanzierungsbeitrag zu – und verwies auf eine schlichte Alternative: „Eine Straßenbahn wäre nützlicher und rentabler.“

Spinnen die Grünen? Kann es ihnen der Senat denn nie recht machen? Immerhin: Mehr als 20 Jahre lang weigerte sich die Deutsche Bundesbahn standhaft, über neue S-Bahn-Strecken im Großraum Hamburg nachzudenken: S-Bahnen seien extrem teuer im Bau, hochdefizitär im Betrieb, ein Luxus, den sich ein um Kostenbegrenzung ringendes Unternehmen nicht leisten könne. Die Harburger S-Bahn hat trotz großen Zulaufs diese Warnung bestätigt: Der öffentliche Zuschußbedarf schnellte mit der Inbetriebnahme der Bahn ab 1983 deutlich nach oben.

Seit kurzem freilich ist die Deutsche Bahn AG Feuer und Flamme für neue S-Bahnen. Widerstand aus den Reihen der Hamburger Hochbahn AG, die lange mit einer U-Bahn- oder Straßenbahnanbindung geliebäugelt hatte, wurde energisch plattgewalzt. Stadtchef Henning Voscherau und Verkehrssenator Eugen Wagner, verkehrspolitisch wieder mal mangelhaft beraten, ließen sich auf das Liebeswerben der Bahn AG bereitwillig ein.

Nach den Motiven des Sinneswandels der Eisenbahner fragten sie allerdings nicht. Dabei liegen sie offen zutage: Ab 1.1.96 ist Schienenpersonennahverkehr, also auch eine S-Bahn, Sache von Ländern und Gemeinden. Mögliche Defizite sind dann auch nicht mehr vom Betreiber (Bahn AG), sondern voll vom Besteller (Stadtstaat Hamburg) zu bezahlen. Eine nagelneue S-Bahnstrecke, auf der Züge fahren, deren Betriebskosten plus Gewinnzuschlag später die Stadt garantieren muß, falls – wie sicher – die Fahrpreiseinnahmen die Kosten nicht decken, ist für die DB wie die Lizenz zum Gelddrucken.

Auffällig auch, daß die früheren Pläne, den Flughafen per ICE oder zumindest Interregio zu erschließen, urplötzlich ganz tief in den DB-Schubladen verschwanden. Kein Wunder: Für den Fernverkehr trägt sie auch künftig allein das finanzielle Risiko.

So gewinnen die Argumente der Grünen pro Stadtbahn und contra S-Bahn bei näherem Hingucken an Charme und Überzeugungskraft: Mit dem geplanten Kernnetz der neuen Stadtbahn, das voraussichtlich auch eine Linie zur Lufthansawerft enthalten wird, wäre die Flughafenanbindung fast zum Nulltarif zu haben. Stadtbahnen sind zudem auch in Bau (23 statt 150 Millionen Mark pro Kilometer) und Betrieb einer S-Bahn deutlich überlegen. Will die Stadt dagegen unbedingt 500 Millionen für Flughafenschienen aufwenden, könnte sie das verkehrspolitisch sinnvoller tun: Der Doppelpack Stadtbahnverbindung plus Anschluß des Flughafens ans Bahnfernverkehrsnetz (auch Richtung Schleswig-Holstein) käme kaum teurer als das Millionengrab S-Bahn.