piwik no script img

Wieder da: Das Terror-Nest in der Hafenstraße

■ Sensationelle Entdeckung der Bild-“Zeitung“ / Politiker beharren auf Räumungsverzicht

War ja nicht anders zu erwarten. Pünktlich zur Bürgerschaftsabstimmung über die Zukunft der Hafenstraße am kommenden Mittwoch bläst die Bild-“Zeitung“ mal wieder zur Räumungs-Offensive. Kleines Problem der Springer-KollegInnen: Die Reaktion der Hamburger Polit-Riege fällt ganz und gar anders aus als erwartet.

Das erste Signal setzte das Boulevard-Blatt am vergangenen Freitag. Unter der Überschrift „Hafenstraße – auch heute ein Terrornest“ konstruierte Bild einen Zusammenhang zwischen den Bewohnern der umstrittenen Häuser und fünf Brand- und Sprengstoffanschlägen in Köln, Düsseldorf, Wolfsburg, Bremen und Hamburg. Beweise werden nicht geliefert, dafür ein bahnbrechendes Fazit: „Die Hafenstraße ist auch heute noch eine Hochburg des Terrorismus“. Der Köder war ausgelegt ...

... aber zumindest bis gestern hat keiner angebissen. Innensenator Hartmuth Wrocklage bot jener Artikel allerdings die Gelegenheit, seine Sicht der Dinge unters Volk zu bringen. Und die ist – es hat in dieser Stadt ja auch schon ganz andere Töne gegeben – bemerkenswert. Wrocklage schreibt, daß es

– „keinerlei Hinweise“ auf einen Zusammenhang zwischen den Anschlägen und der Hafenstraße gebe;

– in der Hafenstraße zwar „auch Bewohner mit linksextremistischen Positionen gibt“,

– diese aber „auch in anderen Stadtteilen und Städten“ zu finden seien.

Schlußfolgerung des Innensenators: Eine Räumung würde im besten Falle „falsche Solidarisierungen“ nach sich ziehen, aber keine Probleme lösen. Eine überaus deutliche Absage an die verbliebenen Räumungsfans im Rathaus um SPD-Fraktionschef Günter Elste.

Zu denen gehört CDU-Fraktionschef Ole von Beust schon seit einiger Zeit nicht mehr. Dennoch durfte er der Bild am Samstag bestätigen: „Ja“, er wisse von „Terroristen in der Hafenstraße“. Entsprechende „vertrauliche Informationen“ habe er vor drei Wochen erhalten.

Den früher üblichen christdemokratischen Beißreflex – „also räumen“ – hat Beust allerdings abgelegt. Trotz seines bisher streng geheimen Insider-Wissens plädiert er für einen Verkauf der Häuser. Denn: Für die Sicherheit der Stadt sei es „ohne Belang, ob ein Nest in der Hafenstraße oder an einem anderen Ort in der Stadt ist.“ uex

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen