Unüblicher Kundenkontakt

■ Normale Bücher, schwuler Ansatz: der Buch-Sexshop „Revolt“ in St. Pauli

Ein wenig abseitig, sowohl von der Lage als auch vom Sortiment her, liegt der „Revolt-Shop“ in der Clemens-Schulz-Straße. Seit nunmehr 19 Jahren wird die schwule Kundschaft hier nicht nur mit allem bedient, was im direkten Zusammenhang mit der wie auch immer gearteten Ausführung des Geschlechtsverkehrs steht, sondern erhält auch andere Artikel, die zudem von „Revolt-Shop“ Besitzer Hartleben so bezeichneten „schwulen Lebensgefühl“ beisteuern. Neben einer Abteilung mit einschlägigen Accessoires in allen Farben und Formen setzt eine Bücherabteilung den Kontrapunkt. Wobei es nicht ausreicht, „wenn der Autor schwul ist, das ganze muß schon einen schwulen Ansatz haben.“

Schräg gegenüber vom Revolt-Shop befindet sich ein ebenfalls von Hartleben geführter „normaler“ Buchladen, da Hartleben aus den Erfahrungen in den Anfangsjahren seines Ladens, in denen „Menschen mit großen fragenden Augen reinkamen und fragten, ob man denn hier auch normale Bücher bestellen könne“ schloß, daß die Schwellenängste vieler Anwohner doch zu groß seien, um in einem – zudem noch schwulen – Sexshop ihre Bucheinkäufe zu erledigen. So ist die Kundschaft eher schwul, wobei laut Hartleben „auch immer mehr Frauen darunter sind, denen die Männer in Hetero-Videos einfach zu häßlich sind.“

Zwar habe sich die allgemeine Akzeptanz insgesamt stark verbessert, Probleme der Anfangsjahre, in denen weder die Morgenpost noch das Abendblatt den noch unbekannten Laden inserieren lassen wollten, sind vorüber, doch die Exotenstellung unter den Sex-Shops, die nimmt der Revolt-Shop auch weiterhin ein. So wird zum Beispiel der Kundenkontakt äußerst unüblich für einen Sex-Shop sehr persönlich gehandhabt. „Der Revolt-Shop“, so Hartleben, „ist das einzige derartige Geschäft ohne Kino-Abteilung, so daß die Kunden viel gezielter zum Kauf hin beraten werden wollen. Und der Kunde muß sich demzufolge mehr öffnen, als wenn er zum Bäcker geht und ihm nach was Süßem ist.“

Diese persönliche Beratung hat zur Folge, daß der Laden einen großen Anteil Stammkunden hat und die Kunden dem Personal zum großen Teil zumindest namentlich bekannt sind. Erstkunden erkenne man sofort: „Direkt an der Tür befindet sich ein Posterklappständer, an dem sich die Erstkunden nach Betreten des Ladens immer erstmal festhalten und sich umgucken.“

Der ungewollt intensive Kontakt zur Staatsanwaltschaft aus den Gründungsjahren habe sich zwar gelegt, doch ab und zu kommt es noch vor, daß Hartleben sich bei importierter Ware „mit dem Staatsanwalt darüber streiten muß, ob ein Glied, das mehr als 45 Grad vom Körper absteht, zwangsläufig auch erigiert ist“. Trotz solcher unerfreulicher alltäglicher Kleinkriege ist Hartleben jedoch mit dem Laden sehr zufrieden, auch die Lage sei ihm recht, niemals wolle er sein Geschäft direkt auf der Reeperbahn haben, „wo dann die ganzen Heteros reingelaufen kommen und mal gucken, was die Schwulen so machen.“ Alles, was er sich wünscht, ist Normalität, und so sieht er sein Geschäft auch „ebenbürtig mit dem Verkauf von Äpfeln und Birnen, wobei ich Äpfel und Birnen sehr gerne esse“. B.v.St.-B.