Im Kampf gegen das Katzenelend

■ Sogar nachts liegt sie auf der Lauer: Hamburgs Katzenfängerin Gudruhn Mai

Der Kalender von Gudruhn Mai ist prall gefüllt: Morgens um sechs hat sie einen Termin in Hamburg-Harburg, danach eine „Auslieferung“ in Billbrook und nachmittags nach Billstedt. Demnächst hat sie Kundschaft in Lüneburg. An manchen Tagen ist die Frau aus Altona bis 22.00 Uhr im Einsatz. All das nimmt sie in Kauf für einen guten Zweck, „den Kampf gegen das Katzenelend“. Denn Gudruhn Mai ist hauptberuflich Katzenfängerin, die einzige in Hamburg.

Ihr Arbeitgeber ist der Hamburger Tierschutzverein, der größte Verein dieser Art in Europa. 3000 Katzen und Kater will er in diesem Jahr kastrieren, um deren ungehinderte Vermehrung zu verhindern – viele davon wird sie einfangen und nach der Operation wieder in freier Wildbahn aussetzen.

Während der ersten vier Monate im neuen Job hat sie schon 280 Katzen eine Falle gestellt. Doch was sich einfach anhört, will gut organisiert sein: Stolz präsentiert die 38jährige ihren prall gefüllten Auftragsordner. Darin wird jeder „Notruf“ festgehalten. Dann holt sie einen Lageplan mit rot markierten Stellen: „Sehen Sie mal, wie riesig allein mein Gebiet bei Blohm + Voss ist. Da bin ich jede Woche im Einsatz.“ Etwa 100 streunende Katzen leben nach Schätzung des Tierschutzvereins auf dem Werftgelände.

In ihrem Einsatzwagen warten vier Tiere auf die Kastration. Während die Tierpflegerinnen noch den Boden im Katzenhaus wischen, stapelt Gudruhn Mai ihre Holzkisten schon vor der Tür und beginnt, die Tiere in rote Kunststoffbehälter zu heben. Dann wieder Formalitäten: An jede Box heftet sie ein Formular. Autotüren und Heckklappe bleiben offen, so als könne es jede Minute einen neuen „Katzenalarm“ geben.

„Schon seit 20 Jahren kümmere ich mich ehrenamtlich um Katzen. Ich bin mit Tieren groß geworden“, antwortet die Frau, die bis vor zwei Jahren in einer Schokoladenfabrik gearbeitet hat, auf die Frage nach dem Grund für ihre ungewöhnliche Berufswahl.

Aber vielleicht eifert sie unbewußt auch einem Vorbild nach: „Meine Mutter hat fünf Pflegekinder aufgenommen. Heimkinder sind schwieriger – genau wie Heimtiere. Dafür, daß sie immer nur für andere gearbeitet hat, bewundere ich sie“, sagt sie. Und macht sich mit ihrem Dienstwagen auf den Weg, um Kater „Brille“ wieder auszusetzen.

Stephanie Steffen