■ Pullacher Plutoniumhandel mit Segen aus Bonn
: Legal, illegal, scheißegal

Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll Bundesnukleardienst werden. Eigentlich hat Bernd Schmidbauer dazu schon alles gesagt. Schon im August 1994 forderte er im Spiegel, daß der Pullacher Verdunklungsdienst die „rechtliche Möglichkeit erhalten soll, künftig nahe an den Quellen, aus denen das gefährliche Material stammt, qualifizierte Aufklärungsarbeit zu leisten“. Ebendieses sei nur möglich „über die Beschaffung von Proben des auf dem Markt bereits befindlichen vagabundierenden Materials“.

Ähnliches forderte er dereinst in Bild am Sonntag. „Es ist erforderlich, daß der Bundesnachrichtendienst künftig im Ausland Strahlenmaterial untersuchen oder zur Untersuchung nach Deutschland bringen darf.“ Warum bloß? Angenommen, der BND hat einen solchen Hinweis im Ausland erhalten, hat er das gefälligst den dortigen Geheimdiensten zu übertragen, um jedes Risiko auszuschließen. Aber schon im Münchner Fall vom August 1994, als aus Moskau 363 Gramm kriegswaffenfähiges Plutonium extra per Lufthansa aus Moskau angeliefert wurden, war der Bundesnachrichtendienst auf diesem Egotrip. Nur, damit in Bayern, Pullach und Bonn ein Erfolg gefeiert werden konnte. Weder in Spanien noch in Moskau hatte man die Geheimdienste alarmiert, um den lebensgefährlichen Deal im Keim zu ersticken. Mahnungen im Inland von Bundeskriminalamt (BKA) und Umweltministerium wurden ignoriert. Dabei ist inzwischen klar:

Nur durch die BND-Dealer Rafa und Adrian und den bayrischen LKAler Boeden war ein Scheinnachfragemarkt aufgebaut worden, formalrechtlich unter Leitung des LKA, praktisch federführend aber war ungesetzlich der BND. Er tat genau das, was Bernd Schmidbauer nach außen immer demntierte. Sogar vor dem Bundestag: „Es gibt keinen Hinweis für mich, daß der BND oder ein anderer Nachrichtendienst als Agent provocateur aufgetreten ist“, beantwortete er dereinst eine parlamentarische Anfrage.

Wie verlogen! Der jetzt von der taz veröffentlichte Außenministeriumsvermerk vom 16. 8. 94, verfaßt sechs Tage nach der Münchner Tat, verdeutlicht: Eigentlich sollte im nachhinein legalisiert werden, was illegal betrieben wurde: Plutoniumhandel des BND. Fatal, daß laut Außenministeriumsvorlage der Chef des Bundeskanzleramts und das Innenministerium keine Bedenken hatten, solchen schmutzigen Geschäften ihren Segen zu geben. Es wäre ein politischer GAU, sollte dieser Deal wirklich ohne Konsequenzen bleiben. Holger Kulick