Nicht eitel Sonnenschein

Greenpeace und Solarhändler streiten sich um die Markterweiterung bei der Photovoltaik. Die Händler fürchten um ihre Existenz  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Eigentlich muß jetzt nur noch die Sonne scheinen. Denn die Campaigner von Greenpeace hatten sich im vergangenen November mit Macht hinter die Erweiterung des deutschen Photovoltaikmarktes geklemmt. Seither haben sie 2.500 Interessenten für ein neues Solardach gefunden. Bei einer Größe von 2.000 Watt pro Anlage müßte die deutsche Solarindustrie ihre Kapazitäten glatt vervierfachen, um diesen plötzlichen Nachfrageschub zu befriedigen. Ein boomender Markt für die Photovoltaik wäre geschaffen. Greenpeace sucht per Ausschreibung mögliche Anbieter.

Doch die Solarbranche ist überhaupt nicht begeistert über soviel Markterschließung. Die von Greenpeace genannten Preise von 25.000 Mark pro Anlage seien unrealistisch, schimpft etwa Gerhard Stryi-Hipp vom Deutschen Fachverband Solarenergie (DFS). „35.000 Mark muß eine Anlage schon kosten, inklusive Montage und Mehrwertsteuer.“ Sonst könnten die Unternehmen nicht davon leben. Greenpeace brächte mit seiner Kampagne den Markt total durcheinander. Schon jetzt würden Solarhändler Umsatzeinbußen von 20 bis 80 Prozent melden, weil Kunden erst mal abwarten.

Volker Blandow von der Ludwig Bölkow Systemtechnik, der für Greenpeace die Preise kalkuliert hatte, kann den Unmut der Händler verstehen. Aber recht hätten sie trotzdem nicht: „Den Preis von rund 4.000 Mark für die Installation einer Anlage haben wir nach Absprache mit Installationsfirmen festgelegt. Wenn eine Firma pro Woche eine Anlage installiert, ist der Preis locker drin.“ Und den von ihm genannten Preis für den Kauf der Module auf dem Weltmarkt würden auch die Solarhändler nicht bestreiten.

Das Problem ist tatsächlich der existierende Markt. Heute wandern die meisten Anlagen vom Hersteller zunächst zum Großhändler, dann zum Einzelhändler, der womöglich noch einen Installateur einschaltet. Der von Greenpeace genannte Preis würde die Händlermargen drastisch kürzen.

Im Augenblick bleiben die Händler bis zum Ende der Greenpeace-Ausschreibung auf ihren Angeboten sitzen. „Das ist in der Tat unangenehm, aber das muß man zur Markterweiterung in Kauf nehmen“, sagt Blandow. Auch Greenpeace-Campaigner Sven Teske räumt ein mögliches Auftragsloch ein, ergänzt aber: „Wir haben versucht, das Loch zu minimieren. Wir haben die Kampagne mit Absicht im Winter begonnen, da ist in der Branche ohnehin nicht viel los. Und wir wollen ja am 1.März die Ergebnisse der Kampagne präsentieren können.“

Solarhersteller, die ihre Kapazitäten erweitern könnten, gucken sich den Streit mit gemischten Gefühlen an. Oussama Chehab vom derzeit größten deutschen Hersteller Pilkington Solar Industries (ehemals Flachglas) erzählt zwar von einer geplanten Kapazitätsausweitung. Doch scheint man sich bei Pilkington noch sehr unsicher, ob man sich auf die Greenpeace- Ausschreibung bewerben will. Denn wegen der geringen Preise für das Greenpeace-Projekt würde man die bisherigen Abnehmer verprellen. Die lachenden Dritten könnten Anbieter aus Japan und den USA sein. In den USA hat Siemens Solar als weltgrößter Hersteller von Solarmodulen inzwischen eine Kapazität von 20 Megawatt im Jahr aufgebaut.