Newburys Baumhäuser halten

■ Britische Umweltschützer trotzen Straßenbaukolonnen

Dublin (taz) – „Es steht drei zu null für uns“, meinte eine Bauplatzbesetzerin im englischen Newbury vorgestern. Drei Tage hintereinander war es den UmweltschützerInnen gelungen, den Beginn der Bauarbeiten an der umstrittenen Umgehungsstraße zu verhindern. Die zwölf Kilometer lange Strecke – nach der britischen Haushaltskürzung das einzige große Straßenbauprojekt in diesem Jahr – soll durch drei Naturschutzgebiete führen. Experten halten die Umgehungsstraße ohnehin für sinnlos, weil sie Newbury keine Entlastung bringen würde: 80 Prozent des Problems sei der Ortsverkehr. Entlang der geplanten Strecke sind ein Dutzend Zeltlager entstanden, die Umweltgruppen haben über 50 Baumhäuser errichtet und zahlreiche Tunnel gegraben. Doch so richtig hat die Schlacht noch nicht begonnen, auch wenn es ein paar leichtverletzte Sicherheitskräfte gab. „Ich kapiere deren Taktik nicht“, sagt Paul, einer der Koordinatoren der Kampagne. „Wir hatten erwartet, daß sie mindestens zwei oder drei Baukolonnen gleichzeitig losschicken würden, aber das tun sie nicht.“

So ist es bisher mehr ein strategisches Abtasten: Beide Seiten halten einen Großteil ihrer Truppen in der Hinterhand. Die GegnerInnen des Bauprojekts könnten jederzeit viermal so viele Leute zusammentrommeln, wie zur Zeit im Wald sind. Das war bis jetzt jedoch nicht nötig, denn die Baufirmen haben bisher nur eine Vorhut entsandt. Von den geschätzten 500 Angestellten der privaten Sicherheitsfirma „Reliance Security“, die in einer Halle bei Newbury zusammengepfercht sind, hat man nicht mal ein Drittel mit den Baukolonnen losgeschickt. Und die Polizei bleibt bei den Auseinandersetzungen neutral.

So gelang es den UmweltschützerInnen immer wieder, auf die Baukräne oder unter die Bulldozer zu klettern. Von den 10.000 Bäumen, die der Straße weichen sollen, sind erst 50 gefällt worden. Die Zeit läuft gegen die Baufirma: Ab Mitte März darf laut EU-Direktive nicht mehr gefällt werden, weil dann die Vogelbrutsaison beginnt. Das Gericht hat die Verhandlung über die Räumung der Besetzerlager auf den 26. Januar verschoben. Bis dahin darf die Baufirma lediglich zwischen den Besetzerlagern zu bauen versuchen. Ralf Sotscheck