Sanssouci
: Nachschlag

■ Mimeplast: „Schönste neue Welt“ im Hackeschen Hof-Theater

„Doch nicht vor acht Uhr morgens“, weist Mandy ihren Mann zurecht, der schon beim Frühstück zum Handy greifen will. Sie hätten doch schon darüber geredet, sagt ihr vorwurfsvoller Blick – genauso wie darüber, daß nach Feierabend erst einmal vor einem Goldfisch-Video meditiert wird und daß es Sex nur am langen Donnerstag gibt. Szenen einer Ehe, in der nicht gestritten, sondern gezappt, nicht diskutiert, sondern telefoniert wird. Das Andere Theater (DAT) hat in einer Koproduktion mit der Inselbühne Leipzig versucht, das Klischee von der Plastik-Partnerschaft in den Neunzigern zu parodieren. „Schönste neue Welt“ lautet der aus Huxleys Utopie und Leibniz' „bester aller möglichen Welten“ zusammengesetzte Stücktitel – so recht schwarzmalerisch oder gar nachdenklich wird es dann aber doch nicht.

Auf einer bis auf zwei Designerstühle und zwei Fernseher leeren Bühne versuchen Franka Kahl und Michael Freund von der Inselbühne mit pantomimischen Szenen und knappen Dialogen die Auswüchse des Kommunikationszeitalters zu skizzieren und durch Slapstick-Einsprengsel zu veralbern. Momentweise gelingt es den Schauspielern, sich in den Ritualen des modernen Alltags herrlich zu verlieren: das Cappuccino-Schlürfen am Morgen, der demonstrativ hektische Abschiedskuß und sinnlose Telefongespräche über den Tag hinweg. Pantomime indes ist das nicht – diese findet sich vielleicht nur, wenn Michael Freund den Ehemann Bernd digital-bedröhnt durch die Datennetze surfen läßt: Freund windet sich wie ein Elektron durch Telefonleitungen und Prozessoren, springt als menschliche Datei von Fenster zu Fenster, klickt sich von Menü zu Menü. Die große Informations- Attacke als One-Man-Show. Und am Ende liefert der Cyberspace dann doch nur wieder eine fernbestellte Pizza.

Constanze Debus, die Regisseurin, bemüht sich redlich um die elektronische Partnervermittlung oder den New-Age-Stumpfsinn. Doch statt die Wirklichkeit gestisch zuzuspitzen, bleibt sie dahinter zurück. Denn in der Welt der Handybenutzer, Computer-Nerds und Teleshopper genügt ja ohnehin ein Handzeichen für „Wir telefonieren noch“ – was ließe sich da noch verknappen? Auch der einigermaßen stümperhafte Versuch, mit Mitteln des Schwarzen Theaters zu hantieren, hilft nicht, die schnell verbrauchten Pointen zu überbrücken. So bleibt „Schönste neue Welt“ ein Stückwerk, das sich zwischen Slapstick und Parodie verliert. Kolja Mensing

Wieder am 19., 20., 25.–27.1., 21 Uhr, DAT/Inselbühne Leipzig im Hackeschen Hof-Theater, Rosenthaler Straße 40/41, Mitte