■ Das Portrait
: Liberaler Sieger

Die Delegierten waren bei der Rede des Kandidaten Hellmut Königshaus fast eingeschlafen, da betrat der 30jährige Martin Matz am Freitag abend im Berliner „Haus am Köllnischer Park“ das Podium. Kaum hatte er seine Rede beendet, riß es viele Delegierte des FDP- Landesparteitages von den Stühlen. Stehend applaudierten sie einem Newcomer, der noch bis vor einer Woche selbst vielen FDP-Mitgliedern unbekannt war.

Wohl eher unbeabsichtigt hatte Matz mit seinem Auftritt die Seelenlage vieler FDP-Mitglieder getroffen. Offen und mit einer für die Partei fast schon selten gewordenen Schonungslosigkeit attackierte der Diplomkaufmann den nationalliberalen Flügel um Exgeneralbundeswanwalt Alexander von Stahl. Deren nationalstaatliches Konzept sei „autoritär“ und „konservativ“, so Matz. Die Mehrheit der Delegierten dankte ihm wenig später: Gleich im ersten Wahlgang setzte sich der Jungliberale mit absoluter Mehrheit deutlich gegen seinen rechten Widersacher durch.

Martin Matz (30), neuer Berliner FDP-Chef Foto: Christian Jungeblodt

Der gebürtige Bremer, Abteilungsleiter Rechnungswesen/Ausland bei der Bankgesellschaft Berlin, muß nun mit einem Etikett leben, das er selbst für sich ablehnt: ein Linksliberaler zu sein. Der Neu-Berliner, erst seit 1994 in der Stadt, versteht sich als Liberaler im klassischen Sinne. Links und rechts, betont er, sei eine „Schlacht der siebziger Jahre“.

Allerdings: In Bürgerrechtsfragen, so gibt er zu, sei er wohl ein Linksliberaler, in Sachen Marktwirtschaft aber ein Wirtschaftsliberaler. Matz, der mit dem Berliner Juli-Vorsitzenden Bernd Kämpfer gemeinsam in Kreuzberg wohnt, ist bereits seit 1983 Mitglied der FDP. Schon in Bremen und später in Münster, wo er Betriebswirtschaft studierte, engagierte er sich für die liberale Partei. Von 1993 bis 1995 leitete er den Juli-Arbeitskreis Wirtschaft und Finanzen. Im vergangenen Jahr wurde er, auf Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers und Berliner Ex-FDP-Chefs Günter Rexrodt, in den Berliner Landesvorstand gewählt.

Der Frankreich-Liebhaber und Genießer guten Essens will in den nächsten Monaten den Kampf mit den Rechten aufnehmen. Wenn es nach ihm geht, soll ein halbes Dutzend Mitglieder aus der FDP ausgeschloßen werden. „Wir haben“, so hatte er am Freitag abend erklärt. „keine Zeit zu verschenken und keine Kompromisse mehr zu machen.“ Severin Weiland