Die Nato will nicht allein ins Minenfeld

■ Menschenrechtler sollen helfen, „nichtexplodiertes Kriegsmaterial“ zu entsorgen

Berlin (taz) – Die Nato gesteht ihre Unfähigkeit ein, in Bosnien das Minenproblem in den Griff zu kriegen. Das Hauptquartier der Schnellen Eingreiftruppe in Mönchengladbach bittet in einem Brief Menschenrechtsgruppen um Unterstützung – „insbesondere dort, wo Minen und nicht explodiertes Kriegsmaterial die Mission der Ausführungstruppe zu stören drohen“. Chefingenieur und Brigadier J.D. Moore-Bick fordert die Adressaten auf, ihm weitere Ansprechpartner zu nennen.

„Die Militärs verhalten sich wie Goethes Zauberlehrling. Erst setzen sie die Waffen in fast allen Weltregionen ein, und dann wissen sie nicht, wie sie sie wieder loswerden sollen“, sagt Stefan Frey von Medico. Zwar hat die Nato in Bosnien selbst keine Minen verlegt, wohl aber beispielsweise im Golfkrieg. Dort sind später bei der Räumaktion mit hochmodernen Geräten Dutzende von Menschen umgekommen. Obwohl westliche Minenproduzenten stets betonen, daß sich ihre Waffen selbst zerstören können, gesteht selbst das US-Verteidigungsministerium 1.700 scharf gebliebene Minen im Golfkrieg ein. „Das Militär hat das Recht verwirkt, sich kompetent zu Minen zu äußern“, so Frey. Doch genau dieses Recht nehmen sich die Kriegsexperten in Genf gerade wieder. Auf der internationalen Landminenkonferenz streiten sie sich, wieviel Gramm Metall eine Mine enthalten darf, um nicht verboten zu werden. „Die Perspektive ist rein militärisch. Der humanitäre Schaden spielt keine Rolle. Jeder denkt nur an sein Einsatzkonzept“, urteilt Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit. Jährlich sterben etwa 10.000 Menschen durch Minen – fast alles Zivilisten. aje