: Der steinige Weg zur guten Form
■ „Bremen in Form“: Eine Ausstellung als Bilanz der ersten fünf Jahre „Bremer Designförderung“
Der Wille zum Optimismus spricht schon aus dem Titel: „Bremen in Form“. Das schmissige Motto soll einstimmen auf eine Vorzeige-Schau der Designförderung, seit gestern in der „Securitas“-Galerie zu sehen. Anhand von 27 erlesenen Objekten – Stühle, Geschirr, Plakate, Apparate – wird erstmals öffentlich gezeigt, was in den ersten fünf Jahren des Bremer Förderprogramms entstanden ist. Und das kann sich sehen lassen: Viele der Designprodukte können als Beispiele guter Gestaltung gelten, einige wurden bereits ausgezeichnet. Der schöne Schein dieser Ausstellung täuscht allerdings darüber hinweg, daß es sich hier um löbliche Ausnahmen handelt – in der Regel schenken die Bremer Firmen, Zielgruppe der Designförderung, dem Programm immer noch zu wenig Beachtung.
Dabei wurde die Designförderung 1991 eigens für die Unternehmen der Hansestadt eingerichtet. Das Programm versteht sich „ausdrücklich als Maßnahme zur Wirtschaftsförderung“, erklärte das Wirtschaftsressort damals. Von ästhetischen oder anderen Fragen der Formgebung keine Spur in Bremen. Design sei schlicht „eine hervorragende Möglichkeit, um Produkte und Unternehmen zu profilieren“. Vor allem kleine und mittelständische Firmen sollen vom Fördergeld profitieren – der Wirtschaftssenator gibt bis zu 40.000 Mark pro Maßnahme. Mit einer besseren Form, besser gestalteten Produkten und einem besseren Image sollen auch die Verkaufszahlen der Kaufleute steigen. Die hohe Qualität einzelner Ergebnisse ist in der Ausstellung mit Händen greifbar.
Ein Paradebeispiel gelungener Zusammenarbeit zwischen einer Bremer Firma und einem Bremer Designbüro ist ein neuartiger Scanner der DST (Deutsche System-Technik). Großformatige Dokumente sollen mit dem Gerät eingelesen und digitalisiert werden. Daß am Ende kein technisches Monstrum mit einer unübersehbaren Zahl von Tasten herauskam, liegt auch am guten Zusammenspiel zwischen Firmeningenieuren und Designern, das durch die Förderung möglich wurde. Das Modell zeichnet sich durch elegant geschwungene, kurvige Gehäuseelemente aus; ein einziger Knopf reicht zur Bedienung, plus eine LCD-Anzeige. Inzwischen wird der Scanner in Serie hergestellt. Und für die gute Form gab's nebenbei eine Auszeichnung durch das Industrie Forum Design Hannover.
Trotz solcher Beispiele muß das Designzentrum weiter baggern, um Firmen für die Förderung zu gewinnen. Gerade mal 22 Anträge gingen in der ersten Phase des neuen Programms bis 1993 ein. Inzwischen läuft es besser: Rund 70 Projekte bekamen Geld vom Wirtschaftssenator, weitere 20 sind zur Zeit beantragt oder in Arbeit. Das ist freilich immer noch weniger als erhofft – besonders, wenn man die hohe und bequeme Form der Subventionierung in Rechnung stellt. „Wir könnten noch mehr Anträge gebrauchen“, räumt selbst Klaus Berthold ein, der berufsmäßig auf Optimismus gebürstete Chef des Designzentrums.
Daß die Bremer Kaufleute auf sie zugeschnittene Programm nur langsam annehmen, hat seine Ursache wohl immer noch im Fehlstart der gesamten Bremer Design-Initiative. In grandioser Selbstüberschätzung wollten die Wirtschaftsförderer damals gleich eine „Design-Triennale“ in Bremen installieren. International besetzte Symposien und Fachvorträge brachen über die ahnungslose Stadt herein. Den praktischen Nutzen des neuen Themas „Design“ konnten die Bremer Kaufleute nur schwerlich aus den blumigen Äußerungen der Theoretiker erkennen. Theoretische Gedanken über die „Inzenierung einer Firmenphilosophie“ oder die „Stärkung der Innovationskraft“ fielen auf unfruchtbaren Boden. Weil der Wirtschaftssenator von Null auf 100 preschte, die Firmen aber nicht gar so hastig mitwollten, zog sich die Wirtschaft zurück – und die „Design-Triennale“ starb sang- und klanglos. An diesem Riesenflop haben die Designförderer heute noch zu knabbern. Nur mühsam gewinnt man im Design-Zentrum das Vertrauen der Firmen zurück. Die Antragszahlen steigen erst, seit Berthold die Vorzüge der Förderung auf die Formel verkürzt hat: „Design ist gut für die Wirtschaft.“ Das ist zwar eine reichlich beschränkte Auffassung von Design, aber es hilft. Die Aufmerksamkeit für Design sei gestiegen, sagt Berthold über die letzten anderthalb Jahre. Für einige Firmen habe die Förderung als „Einstiegsdroge“ gewirkt: Sie arbeiteten jetzt regelmäßig mit Designbüros zusammen – auch ohne öffentliches Geld.
Über die Wirksamkeit der Designförderung braucht sich Berthold aber eigentlich keine großen Gedanken zu machen. Das Geld des Wirtschaftssenators ist seinem Programm sicher. Zwar hatte Bertholds Amtsvorgänger Jochen Rahe 1993 noch erklärt, diese Form der Anschubförderung sei dazu da, sich nach getaner Arbeit auch wieder abzuschaffen. Aber bis 1998 hat die Wirtschaftsdeputation die Fortsetzung des Programms bereits bewilligt. tw
„Bremen in Form“, bis 23.2., „Securitas“-Galerie, Am Wall 121
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