■ Alkoholismus
: 40.000 trinken sich jedes Jahr ins Grab

Deutschland ist Weltmeister. In keinem anderen Land wird so tief ins Glas geschaut: 12,1 Liter reinen Alkohol trinkt im Durchschnitt jeder Deutsche, Frauen, Kinder und Greise eingeschlossen. Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von rund 140 Liter Bier, 6,7 Liter Spirituosen und über 24 Liter Wein und Sekt wurde selbst der langjährige Spitzenreiter Frankreich überrundet. Die Kehrseite der Goldmedaille: Die Sucht nach Alkohol ist zum sozialmedizinischen Problem Nummer eins geworden.

Alkohol schädigt nicht nur die Leber. Auch jedes andere Organ, sei es das Nervensystem, das Herz oder die Niere, kriegt beim Trinken etwas ab. Ein paar Zahlen: Der Genuß von täglich mehr als 40 Milliliter Alkohol – das entspricht einem Liter Bier oder zwei Gläsern Wein – läßt das Risiko, an Krebs zu erkranken, beträchtlich ansteigen. Rund 2,5 Millionen Menschen gelten in Deutschland als behandlungsbedürftige Alkoholkranke. 40.000 davon sterben jährlich an ihrer übermäßigen Schluckerei (zum Vergleich: Bei 10.000 ist das Auto für den Tod verantwortlich).

Worüber es keine Statistik gibt: Wie viele zerrüttete Familien und Lebensgemeinschaften sind Folge des Suffs? Und wie viele Kinder müssen nicht nur die üblichen Familienkräche über sich ergehen lassen, sondern bekommen auch noch die enthemmende und aggressionssteigernde Wirkung des Alkohols zu spüren?

Fakt ist auch: Über zwei Drittel der sexuellen Gewaltdelikte an Kindern geschehen unter Alkoholeinfluß.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO gibt die durch Alkohol verursachten Schäden mit drei bis fünf Prozent des Bruttosozialproduktes an. Auf Deutschland bezogen wären das rund 150 Milliarden Mark. Diese Zahl sei viel zu hoch, heißt es bei der Deutschen Hauptstelle gegen Suchtgefahren (DHS) in Bonn. Auch die von den Arbeitgeberverbänden angegebenen Kosten von 30 Milliarden Mark, die den Betrieben allein in den alten Bundesländern durch die Sauferei entstehen, sind nach Meinung vieler Experten überzogen.

Konkrete Zahlen sind nicht zu erhalten. Selbst das Bundesministerium für Gesundheit kann nicht weiterhelfen. Seit Jahren schon fordert die DHS, daß nicht nur die Alkoholsteuer von jährlich rund acht Milliarden Mark eingesteckt wird, sondern auch endlich mal eine statistische Erhebung der Kosten vorgelegt wird. Bisher scheiterte dies jedoch immer wieder an dem politischen Unwillen der Entscheidungsträger. wl