■ Die UNO entsendet Blauhelme nach Ostslawonien
: Die Lunte glimmt noch

Es war in Ostslawonien, wo im Juli 1991 der kroatisch-serbische Krieg seinen Anfang nahm. Vukovar wurde zum Symbol dieses Krieges: In einer mehrmonatigen Belagerung legten serbische Milizen und Truppen der ehemaligen jugoslawischen Volksarmee die barocke ostkroatische Stadt in Schutt und Asche. Die nichtserbische Bevölkerung wurde massakriert und davongejagt. Die Serben riefen die sogenannte „Krajina-Republik“ ins Leben. Ostslawonien ist das letzte kroatische Gebiet, das sich noch in serbischer Hand befindet. Aber die Tage dieser erzwungenen Herrschaft sind gezählt.

Im Dayton-Abkommen hat sich Serbiens Präsident Milošević verpflichtet, Ostslawonien nach einer höchstens zweijährigen Übergangsperiode an Kroatien zurückzugeben. Die Entmilitarisierung dieser Region und ihre schließliche Rückgabe soll von einer neuen UNO-Friedensstreitmacht überwacht werden. So hat es der Sicherheitsrat gestern beschlossen.

Wiederholt hatte die kroatische Führung unter Präsident Tudjman in der Vergangenheit damit gedroht, Ostslawonien mit militärischen Mitteln „heim ins Reich“ zu holen. Spätestens seit der Rückeroberung Westslawoniens im August 1995 ist unbestritten, daß Tudjman den verbalen Drohungen mit bleischweren Argumenten nachzuhelfen weiß. Ein weiterer Sieg auf dem Schlachtfeld der „kroatischen Ehre“ käme Tudjmans geschichtssüchtiger Selbstdarstellung durchaus gelegen. Ganz anders die Aussichten für Milošević: Die Rückgabe Ostslawoniens, also der ehedem ersten Eroberung auf dem Weg zu einem großserbischen Reich, droht sein nationalistisches Renommee endgültig zu ruinieren. Die großserbischen Extremisten in Ostslawonien könnten in Belgrad noch heftige Bauchschmerzen hervorrufen. Die Lunte kann jederzeit wieder angezündet werden.

Gerade angesichts der potentiellen Sprengkraft dieses Konflikts zogen es die USA vor, nicht wie in Bosnien unter Nato-Kommando ins Feld zu ziehen, sondern diese mißliche Aufgabe den so oft gescholtenen UNO-Blauhelmen zu übertragen. Und das nach einem peinlichen öffentlichen Gezerre zwischen dem UNO-Generalsekretär und der amerikanischen UNO-Botschafterin. Der Grund ist simpel: Wenn die friedliche Übergabe scheitert, dann sollen weder die US- noch andere Nato-Truppen dem kroatischen Aufmarsch im Wege stehen. Im Präsidentschaftswahlkampf machen sich US-Boys im serbisch-kroatischen Kreuzfeuer nicht so gut für Bill Clinton. Georg Baltissen