Polizisten dürfen kriminell werden

■ Union will verdeckten Ermittlern milieubedingte Straftaten erlauben

Berlin (taz) – Für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist der Union jedes Mittel recht. Nachdem CDU und CSU den Koalitionspartner FDP erfolgreich auf die Einführung des Großen Lauschangriffs verpflichtet haben, soll nun als nächster Schritt den verdeckten Ermittlern der Polizei gesetzlich erlaubt werden, künftig auch milieubedingte Straftaten begehen zu dürfen. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Erwin Marschewski, und der CSU- Rechtsexperte Norbert Geis erneuerten entsprechende Gesetzesforderungen, die von den Unionsfraktionen seit mehreren Jahren vorgetragen werden.

Die Bild-Zeitung zitierte Marschewski gestern mit den Worten: „Wir planen, daß Delikte wie die Teilnahme an verbotenen Glückspielen oder Hausfriedensbruch für V-Leute straffrei bleiben und ermöglicht werden können. Sonst wird der verdeckte Ermittler von der kriminellen Szene nicht akzeptiert und bleibt erfolglos.“ Norbert Geis möchte „die rechtliche Grauzone, in der verdeckte Ermittler tätig sind, in eine gesicherte Rechtsposition umwandeln“. Der Vorstoß der Unionspolitiker ist Teil ihrer weitergehenden Forderung zu einem „zweiten Verbrechensbekämpfungsgesetz“. Die beiden Politiker verlangen unter anderem eine „Nachbesserung“ der bestehenden Regelungen für die Post- und Fernmeldeüberwachung. Der Strafrahmen für Wohnungseinbrüche und bei Korruptionsdelikten soll erweitert werden. Ein eigenständiger Straftatbestand „Fälschung von Kreditkarten“ ist geplant.

Bislang haben die Liberalen die Einführung einer Lizenz für milieubedingte Straftaten aus grundsätzlichen rechtspolitischen Erwägungen abgelehnt. Auch unter PolizeipraktikerInnen ist der Nutzen der angestrebten Regelung umstritten. Die Regelung könne beispielsweise dazu führen, so die KritikerInnen, daß die als „Loyalitätsbeweis“ in der kriminellen Szene geforderte Straftat in der Folge nur schwerwiegender ausfallen müsse. wg