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Geschichte in Dahlem durchdringen

■ Die „StattReisen“-Tour durch den Villenbezirk ist nicht nur für Studenten

Frisch immatrikulierte StudentInnen sind in der U-Bahn nach Krumme Lanke leicht zu erkennen. Sie tragen häufig einen Stadtplan bei sich. Wer war auch vorher schon mal in Dahlem? Was sich in dieser Gegend abgespielt hat – diese Frage scheint wenig spannend in einer Villengegend, deren Bewohner sich höchstens mit einer „Warnung vor dem Hunde“ an die Außenwelt wenden.

Der Eindruck täuscht. Von Dahlem gingen weitreichende Impulse für die Gesellschaft aus. Einen anregenden Einstieg in die Geschichte bietet der zweistündige Rundgang „Domäne, Doktoren, Demonstrationen – Dahlem“, der seit November vom Verein „StattReisen“ angeboten wird: mit Informationen, die nicht in jedem Reiseführer nachzulesen sind.

Auf dem Rundgang macht bereits die dritte der vierzehn Stationen den Unterschied zum Touristik-Fast-food deutlich: In der Domäne Dahlem und am U-Bahnhof in Dahlem-Dorf bieten die Geschichten Erzählstoff: der alte Bauernhof und der neuzeitliche Verkehrsbau verkörpern beide einen Kompromiß aus Landidylle und Großstadt.

Immer wieder stößt die Führung auf die NS-Zeit. An der Pacelliallee 61 wirkte Martin Niemöller als Pastor der Bekennenden Kirche, an der Thielallee 63 legten Otto Hahn und Lise Meitner Grundlagen zur Atombombe, in der Ihnestraße 22 wurde mit Leichenteilen aus Auschwitz experimentiert. Ein anderer Teil der Wanderung nimmt die Entwicklung der FU ein, die 1948 gegründet wurde. Der fehlende Bezug zur Vergangenheit brachte Dieter Neidlinger von „StattReisen“, selbst dort Student, auf die Idee zu der Tour. „Es war eine große Diskrepanz zwischen dem, was ich von der FU wußte, und der Realität, die ich hier vorgefunden habe.“

Nicht zufällig liegen die Gräber von Rudi Dutschke und Helmut Gollwitzer in der Nähe der Uni – und auf der Führungsroute. An dem stets frisch gestrichenen „Henry-Ford-Bau“, dem Vorzeigetrakt der FU aus den fünfziger Jahren, verdeutlicht Neidlinger durch Fotos, daß hier die legendären Ereignisse von 1968 spielten. Leichter lassen sich die Spuren neuerer Protestbewegungen in der „Silberlaube“ entziffern. Beim Großreinemachen hat sich die FU- Verwaltung darauf beschränkt, beschriftete Wandplatten neu anzuordnen oder einen verfänglichen Namen aus dem Fußboden herausschrubben zu lassen. Matthias Fink

Die Führungen bitte bei „StattReisen“ erfragen. Treffpunkt ist immer am Ausgang des U-Bahnhofs Dahlem-Dorf, Preis 15 DM, ermäßigt: 10 DM.

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