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■ Linsen SouffléAltersruhesitze auf der Leinwand

Wenn's dem Altrocker zu wohl wird, dann geht er nicht aufs Eis sondern zum Film. Und das geht meist fürchterlich in die Hose. Mit Grausen erinnern wir uns zum Beispiel an Neil Youngs peinlichem Auftritt als Zuhälter in Alan Rudolphs „Die Liebe eines Detektivs“, wo er gegen Tom Berenger anspielen mußte. Auch Mick Jagger hat es immer wieder versucht, war aber nicht gerade ein Hochgenuß als Schauspieler. Trotzdem, der Mann gibt nicht auf. Jagger startet eine neue Karriere als Filmproduzent, und das kam so:

Bühnenautor Tom Stoppard schenkte dem RollingStones- Frontmann ein Exemplar von „Enigma“. Jagger war hin und weg von Robert Harris' zweitem Thriller. Ungefähr zur gleichen Zeit schickte der britische Filmproduzent Michael White das Buch Lorne Michael von Paramount. In New York traf Jagger dann zufällig Michael und erzählte ihm, daß er „Enigma“ gerne produzieren möchte. Das war's dann. Wenn ein internationaler Rockstar einen internationalen Bestseller verfilmen will, sagt man nicht nein. Diese kostenlose Reklame läßt sich niemand entgehen.

Gemeinsam mit Paramount kaufte also Mick Jagger die Filmrechte für 650.000 Dollar. Für die Rolle des begnadeten Kryptoanalitikers Tom Jericho hat sich Jagger Hugh Grant ausgeguckt. Gedreht werden soll ausschließlich in Großbritannien mit einer britischen Crew. Hauptdrehort soll der Schauplatz des Thrillers, Bletchley Park, sein. Hier hatte im Zweiten Weltkrieg die „Genie-Elite“ Englands die Enigma, jene Chiffriermaschine mit der die Nazi-Marine die Funksprüche an ihre U-Boote verschlüsselte, geknackt.

Ob die Sache mit Hugh Grant als eierköpfiger James Bond funktionieren wird, bleibt abzuwarten. Daß eine Rolle als britischer Geheimagent nicht unbedingt einen Karriereschub (wie z.B. bei Sean Connery) bedeuten muß, bewies uns Roger Moore. Nachdem er vor zehn Jahren endlich seinen Doppelnull-Job an den Nagel gehängt hatte, war erst mal Flaute angesagt. Jetzt ist Moore (68) aber wieder voll da. In dem albernen Kampfsport- Spektakel „The Quest“ mimt er ausgerechnet den bösen Gegenspieler von Jean-Claude Van Damme. Und, noch ulkiger, Van Damme führt erstmals Regie.

Einer, der sich um einen anständigen Altersruhesitz auf der Leinwand keine Sorgen zu machen braucht, ist dagegen Harrison Ford. Gerade hat er für 20 Millionen Dollar Gage eine Die- Hard-Rolle übernommen. In dem Reißer „Air Force One“ soll uns Ford den US-Präsidenten machen, der in seinem Flugzeug als Geisel genommen wird. Um im Herbst mit dem Dreh beginnen zu können, wird er die Komödie „Six Days, Seven Nights“ verschieben.

Regisseure haben es natürlich viel einfacher, mit dem Alter fertig zu werden, als Schauspieler. Martin Scorsese zum Beispiel feiert in den USA gerade mit seinem Las-Vegas-Epos „Casino“ neue Triumphe. Obwohl Scorsese nach eigenen Angaben nach seinem Dalai Lama-Film „Kundum“ gerne ein Musical drehen möchte (am liebsten die George Gershwin-Story), hilft er tatkräftig bei der Entwicklung der Verfilmung von Richard Pryors Autobiographie „Pryor Convictions“ mit. Damon Wayans soll die Rolle des Komödianten übernehmen. Scorsese sträubt sich zwar noch, will aber doch nicht ausschließen, daß er bei dem „ungeschminkt harten Drama“ selbst Regie führen wird. Soll er ruhig! Karl Wegmann

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